Abspaltungstendenzen in Europa

  • Was mich bei meinen Prepper-Planungen zur Zeit auch beschäftigt sind die augenblicklichen Sezessions-
    Tendenzen in vielen Teilen der EU. Vor einigen Jahren wäre das in diesem Ausmaß noch undenkbar gewesen.
    Immer wieder spielte die Frage der unterschiedlichen Wohlstandsverhältnisse eine wichtige Rolle neben den sprachlichen,
    kulturellen und historischen Unterschieden. Mithin könnte ein Ende der Eurozone einen vergleichbaren Prozess
    der Neuordnung der Landkarte im Zuge eines grassierenden Wohlstandsseparatismus auslösen.
    Es steht mithin viel auf dem Spiel.


    Wie sieht die Lage denn aus?


    An altbekannten Krisenheden haben wir:


    1) in Spanien das Baskenland mit dem nun abflauenden ETA-Problem. (Abspaltungstendenzen aber immer noch aktuell)
    Für 2015 Volksbefragung über Abspaltung geplant.


    2) Frankreich mit seinem Korsika-Separatismus, der aber eigentlich nie richtig "heiß" wurde, nach Referendum 2003
    war erst mal Ruhe


    3) Norditalien mit den Abspaltungswünschen der Lega-Nord, könnte an Fahrt gewinnen wenn die Venetien-Tendenzen zur
    Abspaltung zunehmen)

    Ferner ist die Tschecheslowakei zerbrochen und wir hatten die Aufspaltung Jugoslawiens, das aber auf Grund der
    künstlichen Vermengung eines Vielvölkergemisches eh schon unstabil war und nur durch die geopolitischen
    Gegebenheiten zusammengehalten wurde.


    Die "neuen" (manche sind auch schon einige jahre alt, aber eben doch recht frisch) Abspaltungstendenzen
    finden sich an folgenden Brennpunkten:


    1) Katalonien (für einen Großteil des Steueraufkommens in Spanien verantwortlich); geplantes Referendum im
    November 2014


    2) Belgien mit den Flamen und Walonen, hier ist lediglich die Frage von der Stadt Brüssel der eigentliche
    "offene Punkt"; auch hier wieder wirtschaftliche Aspekte mit ausschlaggebend, Anfang Juni Wahlen die
    die weitere Vorgehensweise stark mitbestimmen werden


    3) Schottland (offizielles Referendum 18.09.2014)


    4) Venetien/Italien, Referendum was nicht binden war war dennoch erfolgreich, hier wirtschaftliche Gründe
    man will Süditalien nicht die Steuergelde in den Rachen schmeissen


    5) Transsilvanien/Rumänien da dort mehr als 45% Ungarn leben


    6) Transnistrien in Modlau tendiert zum Anschluß an Russland


    Meiner Meinung nach wird die EU zusammen mit Großbritianien alles erdenkliche unternehmen Schottland nicht
    in die Freiheit zu entlassen. Das hätte einen zu großen Effekt auf die anderen gebiete, die sich ebenfalls
    aus ihren Staaten herauslösen wollen, wir hätten sonst den ersten großen Präzedenzfall.
    Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass immer mehr "Zahler" nicht gewillt sind für ein einheitliches
    Europa aufzukommen, es also immer lokale und europaweite Transfergeldzahlungen geben wird. Das Ganze
    sieht man ja auch in der BRD in kleinem rahmen, wo der Länderfinanzausgleich neu geregelt werden (die
    alte Regelung läuft ja 2019 aus und ich kann die Zahler persönlich gut verstehen).


    Was vermutet ihr, wie der weitere Verlauf in Europa aussehen wird? Werden sich einige Regionen von ihren
    Ländern abspalten? Wenn ja, welche Konsequenzen werden daraus für die EU entstehen? Wird es eventuell
    Bürgerkriege in solchen Regionen geben?

    Der Bote der Wahrheit braucht ein schnelles Pferd

  • Ich beobachte diese Tendenzen auch schon lange. Und befürworte sie absolut. Leider glaube ich nicht, dass die Holzköpfe in Brüssel das einfach so geschehen lassen. Ich vermute dass das einer der Gründe ist, warum momentan die Kriegstrommeln geschlagen werden. Es wird wieder eine GROßE Bedrohung erzeugt, um die die Menschen in der EU Ängste einzuflößen, damit sie glauben eine Starke Bindung wie die EU sehr wichtig für die Verteidigung gegen den Russischen Bären darstellt.

  • Die EU ist ja kein Verteidigungspakt und auch das separierte neue Land kann ja sowohl EU Mitglied bleiben/werden wie auch in die NATO. Schottland als souveräner Staat, aber Nato-Land.
    Why not ?

  • Hallo,


    die Tendenzen sind ja klar zu erkennen, und die Wünsche stehen auch zum Teil schon länger im Raum-
    bis jetzt läuft noch alles über Volksentscheide, bzw. soll so durchgesetzt werden, allerdings ist die Abspaltung momentan noch „ein Wunsch“ der jeweiligen Bevölkerung, m.M.n. kann dieser Wunsch aber schnell in ein Bedürfnis umschlagen.


    Es braucht nicht viel:
    Ein charismatischer Fürsprecher, die „richtigen“ bzw. eigentlich falschen Argumente, zeitlich passend auf den Tisch gelegt und/ oder eine Verschlechterung der generellen Situationen und es kann ganz schnell gehen.


    Wie schon gesagt, es wird versucht werden, diese Tendenzen abzustellen (offen oder auch verdeckt), aber wie lange das möglich ist, bleibt fraglich.


    Sagt die Bevölkerung Hüh- die Regierung aber Hott, kann es zu Problemen kommen, kann- nicht muss.


    Ob ein ausgewachsener Bürgerkrieg entsteht, vermag glaube ich niemand zu sagen, zu spekulativ, aber das es unangenehm wird, wenn die Bevölkerung gegen das „System“ ist, ist jedem klar.


    Ich kann nicht gut einschätzen, wie groß der Wunsch in diesen Regionen bereits ist, aber vorerst sehe ich dem Geschehen noch entspannt entgegen.


    Wie gesagt, meine persönliche Einschätzung der Sachlage.


    LG Julius

    „Ich weiß woher der Hase weht!“

  • Hallo Bärti,


    Du hast Bayern bei Deiner Auflistung vergessen :face_with_rolling_eyes:


    LG & schönes Wochenende
    Günter

  • Ich vermisse die Nordirland-Frage.
    Schien da zwar die letzte Zeit verglichen mit früher relativ ruhig zu sein, könnte aber wieder aufflammen.


    Die Rückverlagerung von Zuständigkeiten an die Regionen (Subsidiaritätsprinzip) und geringer Umlagen an die Nationalstaaten sowie die EU könnte da Druck rausnehmen.
    Sowie die Umsetzung der Anti-Diskriminierungs-Regeln insbesondere sprachlicher Art im Bildungswesen und im Verkehr mit Behörden.

  • und in Bayern die fränkischen Separatisten, die jetztsogar ne fränkische Fußball-Nationalmannschaft aufmachen wollen. Erster potentieller Gegner könnte dann der Vatikan sein.
    (Bayrischer Rundfunk 28.2.14)


    Frieder

  • Das wird jetzt bals spannend in Schottland. Hier mal die neusten Ergebnisse wie die Abspaltungsbefürworter zur Zeit wählen würden und wie die Ergebnisse ausfallen würden:


    ICM (online) 54%
    Panelbase (online) 49%
    ICM (phone) 49%
    TNS (face to face) 49%
    YouGov (online) 48%
    Opinium (online) 47%
    Survation (online) 47%
    Survation (phone) 46%


    Es wird in jedem Fall ein Kopf-an-Kopf-Rennen welches, sollte für eine Abspaltung gestimmt werden, die EU in ihren grundfesten erschüttern wird. Hier mal eine Karte die Zeigt, wo es in Europa zur Zeit Separationsbestrebungen gibt:


    [ATTACH=CONFIG]20002[/ATTACH]


    Wenn man das mit den regionen- (und nicht ländespezifischen) Arbeitslosenzahlen vergleicht sieht mann, dass es nicht nur Bereiche sind, denen es besonders gut geht was die Arbeitslosenquote betrifft:


    [ATTACH=CONFIG]20003[/ATTACH]


    Ws mich extrem beeindruckt hat waren die Aufnahmen in Katalonien von der Massendemo, hat man bei uns in so anschaulicher Form kaum gesehen:


    [ATTACH=CONFIG]20004[/ATTACH] [ATTACH=CONFIG]20005[/ATTACH] [ATTACH=CONFIG]20006[/ATTACH]


    Ich bin mal gespannt wie sich das ganze entwickelt, Schottland könnte bei einem Ja die Initialzündung sein. Spannend wird auch wie die Regierung in Madrid reagiert wenn Katalonien das (nicht bindende) Referendum wirklich abhält.

  • Das Blöde ist halt, dass die Argumente oft sind, dass irgendjemand keine Lust hat, für ärmere Leute Geld zu bezahlen und andere Leute sagen, dass ihre Wirtschaft kaputt geht, weil andere Regionen reicher sind.
    Denn gerade solcher Ausgleich ist ja die Grundvoraussetzung für jegliche Art von wirtschaftlicher Gemeinschaft (Stadtstaat, Staat, EU). Andererseits verschärft der Euro die Sache eben auch noch, weil so eine regional angepasste Inflation nicht möglich ist, bzw. die regionale Verarmung dadurch noch verschlimmert wird und Zündstoff für Abspaltungstendenzen und ähnliches liefert.


    Oder wollen wir in diesem Thema lieber nur die Fakten rund um Abspaltungen zusammentragen, so dass man einen Überblick behält, und die Detaildiskussionen in eigenen Themen behandeln?

  • Ich sehe da kein spezielles Problem. Die Tschecheslowakei hat es exemplarisch gezeigt wie so etwas harmonisch verlaufen kann.
    Probleme sehe ich bei den EU Gurus die am liebsten das Wort Nation aus dem Vokabular tilgen möchten. Aber ob es deswegen zu Verwerfungen kommen sollte bezweifle ich.


    Ich mach mir viel mehr Sorgen über den Euro, wo keine Lösung in Sicht ist. Eine Tagung mit hochkarätigen Ökonomen bei der CS war aufschlussreich. Fazit in der kurzen Zeit kann man verdienen, aber am langen Ende weiss niemand wie man aus dem Schlamassel wieder rauskommen soll.
    Die vorgeschlagenen Rezepte, massive Arbeitsrechtsreformen in dem Süden inklusive Frankreich sollten politisch nicht machbar sein und auch kurzfristig die Situation noch weiter anspannen. Eine Finanzierung des Südens seitens des Nordens (wie in Italien) scheint noch das Wahrscheinlichste Szenario (politische Akzeptanz ???). Und ein ausseinanderbrechen des Euro (da gibt es eine Gedankenpolizei die verhindert darüber Nachzudenken). Wenn aber über 2 Tage über Titanic und es braucht ein Wunder geredet wird, sollte man sich Sorgen machen.

  • Das habe ich heute in Spon dazu gefunden:http://www.spiegel.de/politik/…-abspaltung-a-991804.html



    Brüssel blickt gebannt auf das schottische Referendum. Eine Abspaltung des Landes von den Briten könnte Nachahmer in ganz Europa zu ähnlich radikalen Schritten verführen - und England aus der EU treiben. Das wird dann die Märkte weltweit erschüttern.

    - Der wichtigste Vorrat ist Wissen, den können selbst Plünderer nicht mitnehmen -

  • Zitat von moleson;187118

    Wenn aber über 2 Tage über Titanic und es braucht ein Wunder geredet wird, sollte man sich Sorgen machen.


    Wie war das mit den Rettungsbooten nochmal? Ach ja....ob denn diesmal genug für alle da sind....


    LG Buschmann

  • @moleson: "Fazit in der kurzen Zeit kann man verdienen, aber am langen Ende weiss niemand wie man aus dem Schlamassel wieder rauskommen soll."


    Der alte Spruch - there is no free lunch - hat immer noch Bestand. Zahlen werden wir alle auf die eine oder andere Weise.

    Der Bote der Wahrheit braucht ein schnelles Pferd

  • Gott sei Dank, haben sich die Schotten gegen eine Unabhängigkeit entschieden.


    Nicht auszudenken, was in Europa geschehen wäre, wenn sie sich unabhängig erklärt hätten.
    Europa ist in meinen Augen im Augenblick nicht ganz so stark auf den Beinen um diese Welle, die das hervorgerufen hätte, zu verkraften.


    Wir haben einfach zu viele Baustellen und "Geschwüre" die erst behandelt und beseitigt werden müssen.

    - Der wichtigste Vorrat ist Wissen, den können selbst Plünderer nicht mitnehmen -

  • Das schottische Abstimmungsergebnis brachte ein knappes Votum für den Verbleib bei den Briten.
    Trotzdem wurde dadurch klar, wie viele Schotten doch lieber ein unabhängiges Land Schottland haben möchten. Nicht auszuschliessen, daß es in einigen Jahren gravierende Veränderungen gibt und die Abspaltung Schottlands von England dann über die Bühne geht.

  • Was ich erfreulich finde ist das solch ein Referendum stattgefunden hat, das die Menschen ihre Meinung haben ausdrücken können und das die Minderheit es auch akzeptieren wird. Solche demokratischen Entscheide sind eine Seltenheit in Europa wo man normalerweise die Leute so lange wählen lässt bis sie es richtig machen oder einfach ignoriert.


    Was ich weniger erfreulich finde waren die Untergangszenarien, im Gegenteil, mehr Demokratie kann nur Europa nützen. Weniger wie es viele EU Eliten wollen wird genau das Gegenteil bewirken.

  • Die einen wählten mit dem Herzen, die anderen mit dem Verstand. Viele die unsicher waren hatten dagegen gestimmt denke ich.


    Die Schottische Nationalpartei hat, wie ich finde, einen gravierenden Fehler gemacht: Sie hat nicht aufgezeigt, wie es danach weitergehen soll. Keine Antworten zum Thema Währung oder Wirtschaft nach der erreichten Selbstständigkeit.


    David Cameron hat das als Politprofi ausgenutzt und damit die Unischeren auf seine Seite gezogen.


    Trotzdem erstaunlich, dass 46% dafür gestimmt haben. Ich nehme an, dass dort in Zukunft mehr zu erwarten ist. Denn der Wille zur Unabhängigkeit ist im Großteil der Bevölkerung auf jeden Fall vorhanden.

    I feel a disturbance in the force...

  • Schön, dass es in Europa auch freie Referenden geben kann, nicht so, wie auf der Krim

    Als Noah mit dem Preppen begann, hat es nicht geregnet.