Macht Nuklear-Vorsorge Sinn?

  • Hallo Bärti,


    danke für den Beitrag. Zu dem Thema finde ich folgende Doku interessant: Tschernobyl - Die Natur kehrt zurück

    Auch wenn es nicht das Ende sein muss, steht dieses Szenario irgendwie trotzdem auf meiner "INCH*-Liste".


    *I Never Come Home



    Gruß Einzelkämper

  • Zitat von Ares;270160

    Falls wer den Wunsch verspürt sein Equipment unter realen Bedingungen zu testen, der kann
    ja eine Reise buchen. Zum 30jährigen Jahrestag der Tschernobyl Katastrophe boomt der
    Tourismus...


    http://www.heise.de/newsticker…varierte-AKW-3164402.html


    Gruß Andreas


    Das ist wiedermal ein zynischer Post, der völlig aus dem Kontext gerissen und unnötig ist. Schmeckt für mich grad' supergrün.
    In Tschernobyl ist nichts mehr wie direkt nach einer nuklearen Katastrophe.
    Zudem ist ein Reaktorunfall nicht mit einem nuklearen Angriff zu vergleichen.


    Es gibt Methoden seine Ausrüstung zu testen, je nach dem, auf was man Wert legt...
    Ich bezweifle zudem auch, dass eine Vorsorge im Fall von Tschernobyl überhaupt was gebracht hätte, wenn man die damaligen Umstände betrachtet.
    Die Leute wussten damals eine geraume Zeit nicht, was wirklich passiert war, und als man darauf reagieren konnte, war es schon zu spät.

  • Zitat von Nudnik;269351

    Das ist eventuell nicht mehr ganz aktuell. Mittlerweile scheint es neuere Erkenntnisse zu geben die das nicht mehr bestätigen. Ich versuch mal zu finden wo ich das gelesen habe.


    LG. Nudnik


    Habs gefunden:


    Zitat:
    Zum Alter
    Die bisherige offizielle Katastrophenschutz-Rahmenempfehlung, die Jodprophylaxe für Menschen bis zum Alter von 45 Jahren zu begrenzen, ist u. E. überholt, da nach der Katastrophe von Tschernobyl in den verseuchten Gebieten eine 6-fache Zunahme von Schilddrüsenkrebs auch bis ins hohe Alter nachgewiesen wurde. Ferner wäre auch in Deutschland (wie in Österreich längst durchgeführt) eine flächendeckende ereignisunabhängige Vorverteilung an alle Haushalte sinnvoll. Auch ein flächendeckendes TSH Screening zur vorherigen Risikoabklärung wäre empfehlenswert.

    Quelle: Vereinigung Internationnale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges.



    LG. Nudnik


  • Danke, auch wenn ich scheinbar für den ersten Link keine Berechtigung habe.


    Ich wollte eigentlich auch nur diese aktuelle Meldung teilen...

  • Auf die Aussagen der IPPNW würde ich nicht sehr viel geben. Dieser Verein tätigt öfters mal Aussagen die z.T. sehr unwissenschaftlich sind und nur dazu dienen entsprechend "Stimmung" zu machen.


    Im genannten Beitrag fehlt ebenfalls eine Quelle und ein wissenschaftlicher Beweis.

  • Hallo Graurabe


    Eines Vorweg: Ich bin kein Experte auf nuklearem Gebiet und sicher auch weit davon entfernt. Also falls ich irgendwo falsch liege korrigiert mich bitte.


    Ich preppe eig auch mit Schwerpunkt auf diesem Szenario. Ich sitze in einem schönen AKW Dreieckt, Fessenheim (F), Leibstadt (CH) und Gösgen (CH) dazu noch jede Menge Chemieunternehmen als Puffer :Zunge raus:
    Die Wahrscheinlichkeit ist also gar nicht so verschwindend klein das da was passiert.


    Über Sinn und Unsinn der Ausrüstung lässt sich natürlich immer diskutieren.


    Frage ist:
    Wie lange hast du vor in verstrahlter Umgebung zu leben? Was sind deine Pläne um eine möglichst kurze Dauer einer solchen ausgesetzt zu sein?


    Ich zum Beispiel habe nun 2 Gasmasken, also noch praktisch nichts. Sinnvolle Erweiterungen würde ich aber ein Gasmaskenprüfgerät (für Dichtigkeit), einen Eurolite Schutzanzug (kann man den mehrmals benutzen) und einen guten Satz Filter zulegen. Dosimeter und "Geigerzähler" bzw. Strahlenmessgerät (Gamma Strahlen), es gibt welche die eine Kombi aus beidem sind. Dazu schadet es nie, sich auch diverse Fachliteratur zum Thema Strahlenschutz und Dekontaminatuion zu besorgen und sich dem Thema annehmen.


    Dann gibt es auch noch "Medizin". Vielleicht kennst du Jod Tabletten wie siehe Grimwolf oben genannt hat. Bei uns in der Schweiz wurde ein Satz solcher in einem Umkreis von 50km (korriegiert mich) an AKWs angerenzende Bevölkerung verteilt. Zu den Tabletten kann ich dir auch nicht viel sagen, anscheinend kann man die auch irgendwie in der Apotheke erwerben aber ich habs bisher nie versucht, da müsste dir jemand anderes genauer Bescheid sagen. Was ich weiss ist das sie nicht ganz ohne Nebenwirkungen sind und diese sollen nicht gerade harmlos sein. Denke aber besser als die Strahlung auf jedenfall.


    Zum Bau von einer Strahlungssicheren unterkunft kann ich wirklich keine Auskunft geben. Aber es gibt im Internet auch inzwischen kostenlose Literatur zu dem Thema, auch von Strahlenschutzbüchern aus älteren Jahren die früher nur die US Regierung hatte (Nein nicht das Field Manual). Darin habe ich auch eine Grafik gesehen die zeigt welche Baumaterialen wieviel Radioaktivität durchlassen.





    FFP 3 bietet meines Wissens nach nur Schutz vor Bakterien und Viren ... dem Rest kann ich so zustimmen wobei, falls du kein Schutzoverall hast, die Kleider sehr entscheidend sind. Aber "unbeschadet" mit dieser Ausrüstung wirst du wohl nicht bleiben, immerhin nicht mit einer Halbmaske und korrektem Filter.


    Gruss
    Filter

    Hope for the best, prepare for the worst


  • Darf ich hier mal eine Frage anhängen:


    Ich habe mir kürzlich eine Halbmaske mit folgendem Filter gekauft: A2-P3 R. (bzw. 4 Halbmasken mit diesen Filtern, da ich für 4 Personen Vorsorge betreiben). Ich bin da natürlich nicht auf alle möglichen Szenarien vorbereitet, mir war aber eher wichtig, dass ich (plus Angehörige) z. B. bei/nach einem Reaktorunfall (nicht in unmittelbarer Nähe) einen gewissen Schutz habe, wenn ich mich im Haus aufhalte, sowie bei einer Pandemie beispielsweise.


    Liege ich damit einigermaßen richtig oder ist es ein "großes Problem", dass die Masken keine Vollmasken sind?


    Danke.

  • Hallo Nachbarland,


    Bei einem Reaktorunfall hat man mehrere Probleme zu berücksichtigen.


    1. Direkte Strahlung von aussen auf den Körper (Nähe zu radioaktiven Strahlern)
    2. Direkte Strahlung auf den Körper durch Kontamination (Anhaften von radioaktiven Partikeln am Körper)
    3. Einatmen oder verschlucken von radioaktiven Partikeln (Ingestion / Inkorporation)
    4. Einatmen von radioaktiven Gasen (Inkorporation)


    Der P3 Filter verhindert bis zu einem gewissen Grad Punkt 3. Er hilft jedoch nicht gegen Punkt 1,2 und 4.


    Zu dem Thema gehört eigentlich noch ne Menge mehr, passt aber nicht zum Thread Titel.


    LG. Nudnik

  • Danke, Nudnik.


    Einwegschutzanzüge habe ich auch schon bestellt, die kommen noch. Dazu habe ich Panzerband (Fenster seitlich abdichten und für die Einweganzüge).


    Ein schönes Wochenende.


    LG Nachbarland

  • Thüringen beschafft nicht selber Tabletten, sondern hat beim Bund einen Mehrbedarf angemeldet- aufgrund veränderter Empfehlungen zum Einsatz der Tabletten für den Fall eines Atomunfalls. Selber Initiative ergreifen um die Jodtabletten zu beschaffen (wie es Nordrhein-Westfalen tat) wollen sie aber derzeit nicht, da sie die Verantwortung beim Bund sehen. Es ist also eine Erweiterung der bestehenden Bestände.


    http://www.lvz.de/Mitteldeutschland/News/Thueringen-bestellt-Jodtabletten-fuer-moeglichen-Atomunfall



    http://"http://www.lvz.de/Mitteldeutschland/News/Thueringen-bestellt-Jodtabletten-fuer-moeglichen-Atomunfall"

  • Hallo Zusammen,


    in meinen Augen macht Nuklearvorsorge definitiv Sinn, es kommt allerdings auf ein paar Dinge an.


    Erstens: Das Szenario. Bei einem nuklearen Schlagabtausch gibt es mehrere Szenarien, die gerne nach der Anzahl der verschossenen Gefechtskörper bezeichnet werden. 500er und 2000er sind hier meines Wissens nach die meistzitierten. Dann gibt es noch das Vernichtungsszenario, bei dem alles verschossen wird was die Rohre hergeben.
    Ein 500er Szenario ist relativ (!) begrenzt und umfasst wahrscheinlich die Kombattanten und ihre direkten Alliierten. In erster Linie handelt es sich um ein taktisches Szenario, was jedoch nicht heisst, dass es das einfacher machen würde. Ich komme später noch dazu.
    Ein 2000er Szenario umfasst die Kombattanten, die Alliierten und auch die entfernteren Alliierten, wir sprechen also von einem Weltkriegsszenario. Kriegsparteien und Alliierte werden gerne auch zweimal beharkt, und es werden strategisch weniger wichtige Ziele mit bodennahen Angriffen eingeebnet, was die Strahlungsniveaus nach oben treibt.
    Das Vernichtungsszenario ist genau das. Stecker gezogen, Ende für die Menschheit. Durch den massiven Einsatz von Nuklearwaffen in den oberen Atmosphärenschichten werden diese Schutzschichten vollständig zerstört und die Erdoberfläche ist praktisch schutzlos der harten Strahlung ausgesetzt. Gleichzeitig sorgt die Menge der aufgewirbelten Partikel für den gefürchteten nuklearen Winter (dieser tritt auch in den anderen Szenarien auf, jedoch wesentlich milder). Ich meine mal gelesen zu haben dass Modellrechnungen selbst nach 10 Jahren keine oder nur geringfügige Veränderungen der Wetterlage ergeben haben.


    Zweitens: Die Art der Waffe. Grundsätzlich kann man Nuklearwaffen in drei Detonationskategorien einteilen.
    Unterirdisch - Bunkerbrecher, wird gegen unterirdische Infrastruktur eingesetzt, etc. Die Detonation findet unter der Erde statt und setzt - je nach Tiefe - praktisch keine Strahlung frei.
    Bodennah - eingesetzt gegen oberirdische strategische Ziele wie Flughäfen, Militäranlagen etc. Die Waffe wird in einigen hundert Metern höhe gezündet, die Zerstörung geschieht nicht nur durch die Druckwelle, sondern auch durch die intensive Hitze. Ausschlaggebend ist hier, dass eine grosse Menge Partikel hochgeschleudert werden, die berühmte Pilzwolke. Diese sind wenn nicht von sich aus radioaktiv so doch mit Sicherheit radioaktiv kontaminiert und sehr fein. Normale Filter werden von diesen Partikeln mühelos durchdrungen, um Atemluft zu Filtern braucht es HEPA - Filter der Klasse 12+.
    Atmosphärisch - die Waffe wird relativ hoch über dem Erdboden gezündet, es entsteht keine Pilzwolke, dafür eine starke Druckwelle. Wir zur flächendeckenden Vernichtung ganzer Gebiete eingesetzt. Um sich das Vernichtungspotential einer solchen Waffe klar zu machen: Eine einzige russische ICBM vom Typ R-36M trägt 10 Sprengköpfe mit je 800kt Sprengkraft. Atmosphärisch gezündet wäre eine dieser Raketen in der Lage, eine Fläche in etwa so gross wie Bayern dem Erdboden gleich zu machen. Führt man sich vor Augen was das bedeutet, wird meine Aussage zum 500er Szenario klarer denke ich. Bei einer solchen Detonation sind die Strahlungslevel anfangs relativ hoch, sobald die kurzlebigen Isotope abgeklungen sind kann man aber wieder nach draussen, nach ca. zwei bis drei Wochen also.


    Drittens: Mein Standort. Lebe ich ländlich relativ weit weg von grösseren Städten ist die Chance, von einer bodennahen Waffe erwischt zu werden relativ gering. Dafür wird mich die Atmosphärenwaffe treffen, todsicher. Ein gut verbunkerter Unterschlupf ist hier aber durchaus in der Lage, das überleben sicherzustellen, vorausgesetzt, es befindet sich ausreichend viel "Schutzmasse" über einem, Blei ist sicherlich auch nicht die schlechteste Idee.


    Viertens: Mein generelles Verhalten und meine Sachkenntnis in Sachen Radioaktivität, und jetzt wird die Geschichte eigentlich brutal. Ich persönlich gehe davon aus, dass viele Menschen die sich verbunkern konnten beim Verlassen des Bunkers oder kurz danach aus Unwissenheit so hohe Strahlendosen akkumulieren dass sie sterben.
    Der erste Irrtum den die meisten machen ist nämlich der, dass Strahlung einfach so im Raum herumsteht. Bekommt man diese ab, ist man "Verstrahlt". Ist man radioaktiver Strahlung ausgesetzt, wird man jedoch "bestrahlt" und bekommt eine gewisse Dosis. Ist die Strahlung weg, bekommt man auch keine Dosis mehr. Das Thema ist wesentlich komplexer besonders in Bezug auf wiederkehrende kleine Dosen, Alltagsdosen, etc. Das nur zur Veranschaulichung.
    Der zweite Irrtum ist, dass Strahlung einfach so im Nichts existiert. Strahlung hat immer einen Träger der sie aussendet. Bei jedem nuklearen Szenario sind viele radioaktive Staubpartikel in der Luft. Vor diesen gilt es sich zu schützen, darum schützen auch dünne Papieranzüge schon gar nicht schlecht. Gegen Alphastrahlung an sich sicherlich, vor allem aber gegen Partikel die als Träger der Strahlung fungieren. Es gilt unter allen Umständen zu verhindern, dass diese in den Körper gelangen können! Viele Radioisotope können nämlich vom Körper verbaut werden und strahlen dann dort munter weiter. Hohe Dosen sind die Folge gegen die man nichts oder nur extrem wenig tun kann. Kaliumjodid ist eine Möglichkeit, viel trinken um die Ausschwemmung zu beschleunigen eine andere.
    Der dritte Irrtum ist, dass jetzt draussen alles tödlich ist. So ist es durchaus möglich, Wasser einem verseuchten Fluss zu entnehmen und nach Destillation zu trinken. Es enthält maximal zwei Tritiumatome, ein Radioisotop des Sauerstoffs ist mir nicht bekannt, habe aber auch meine Unterlagen grad nicht zur Hand. Toll ist das zwar nicht, kann aber wenn es in die Kalkulation für eine Flucht mit einbezogen wird die Route möglicherweise deutlich verkürzen.


    Mit guter Risikoabschätzung und extrem guter Vorbereitung, besonders theoretischer, ist es durchaus möglich, sich auf ein 500er Szenario vorzubereiten und dieses im Nachgang auch zu überleben, bei einem 2000er wird das schon wesentlich schwieriger. Ich persönlich habe nur einige Schutzanzüge (Papier), Panzertape, dicht schliessende Schutzbrillen und Feinstaubfiltermasken zurückgelegt. "Toll" ist das nicht, es erhöht aber die überlebenschancen erheblich. Ich bin aber auch nicht bereit, die umfassenden Einschränkungen zu tragen die die erforderliche Vorbereitung auf unser Leben hätte, weil ich ein nukleares Kriegsszenario für relativ unwahrscheinich halte.
    Für wesentlich wahrscheinlicher halte ich einen Terrorangriff mit einer unkonventionellen radiologischen Waffe. Darauf kann man sich jedoch gut vorbereiten, und ein einfacher Geigerzähler schützt vor schlimmerem.


    LG, Bremsstrahlung

    Die Kunst ist einmal mehr aufzustehen als man umgeworfen wird. - Winston Churchill