... die Notaufnahme überfüllt ist?

  • Ein Bekannter hat sich den Arm gebrochen, und zwar die Elle.
    Erst noch die Tiere fertig gefüttert, und wegen starker Schmerzen beim Abendessen von seiner Frau zur Notaufnahme ins Krankenhaus fahren lassen.
    Er musst trotz gebrochenem Arm vier Stunden warten, bis er dran war. Über die Menschen, die die Notaufnahme blockierten will ich mich nicht auslassen.


    Und das in Zeiten, die zwar nicht normal sind, aber noch weit weg von einem Kriesenszenario das ich mir so üblicherweise als Kriese vorstelle.


    Ich hätte mir echt nicht gedacht, dass es jetzt schon so schlimm aussieht.


    Meine Lehre für eine ähnliche Situation: Falls ich einen Knochenbruch oder eine schwerere Verletzung vermute, jedoch eigentlich noch in der Lage wäre, mich irgendwie ins Krankenhaus zu schleppen... trotzdem Notruf absetzen und abholen lassen. Ich bin mir bewusst, dass ich damit eventuell Menschen, die wirklich einen Krankenwagen brauchen, einen blockiere, aber... nunja, wenn nur der behandelt wird, der am lautesten schreit, dann schrei ich halt.


    Nick

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Mit einem gebrochenen Arm die Rettung zu rufen, halte ich je nach eigener Lage und verfügbarer Hilfe durchaus für angebracht. Aber auch dann ist nicht gesagt, dass du in der Notaufnahme gleich drankommst. Zwar herrscht auch in einer Notaufnahme das first come - first serve- Prinzip, allerdings gibt es Fälle, die (im Gegensatz zu einem gebrochenen Arm) keinen Aufschub dulden. Und gerade in der Notfallmedizin ist der, der am lautesten schreit häufig der, der als letzter versorgt wird, weil Bewusstsein, Atmung und Kreislauf offensichtlich gegeben sind...


    Als von der Situation Betroffener ist es verständlicherweise unangenehm, allerdings kann man sich glücklich schätzen, dass man warten kann.

  • Vor Jahren hatte man mich mit einer Nierenkolik 2 Stunden in der Notaufnahme liegen lassen. Unbehandelt. Ich habe nicht mal ein Schmerzmittel bekommen.


    Ich nehme einfach mal an, dass dort nach Prioritäten gearbeitet wird. Da spielt es auch keine Rolle, ob man mit dem Notarztwagen gebracht wurde.

    I feel a disturbance in the force...

  • Die Notaufnahme sitzt bei uns auch fast rund um die Uhr voll...


    Bisher war es aber immer so, das subjektiv betrachtet nach Prio behandelt wurde. Nachdem ich mit einem Leistenbruch und Verdacht auf Darmverschluss
    in die Notaufnahme bin, und dort abends um 8 20-25 Leute saßen, bin ich nach 3 oder 4 schon dran gekommen.


    Ich denke, für die meißten die dort sitzen, hätte es auch der Bereitschaftsarzt getan, der nicht weit weg ist...


    Gruß Avec

  • Hi,


    ich wohne am Rand einer Großstadt. Leider mußte ich in den letzten Jahren öfter in die Notaufnahmen von einer Herzklinik (450 Betten), Uniklinik (1500 Betten) und unserem größten städtischen Krankenhaus (1030 Betten).


    An den Wochenenden bestehen die Notfallpatienten so aus 25...50% Alkoholleichen oder sonstig Zugedröhnten.
    In der Woche sind tagsüber die meisten Notfallpatienten außereuropäische Neuankömmlinge. Die kommen dann nicht allein, haben selten 1 Begleitperson, meist 5...6...8. Da geht es dann zu wie auf dem arabischem Markt, laut, drängeln, Anspruchsverhalten usw.
    Ich habe auch schon erlebt wie Sicherheitspersonal und Polizei eingreifen mußte.


    Wartezeiten von 2...3...4...6h sind völlig normal, egal ob selbst angereist oder mit RTW.


    Auch belegte Betten auf dem Gang oder 3er-Belegung in 2-Bettzimmern sind normal.


    Im Katastrophenfall braucht man sich wohl nicht auf den Weg zu einem KH machen...



    Gruß

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Hallo zusammen,


    so lange du den Luxus hast zwischen "Eigenanreise" und Rettungswagen wählen zu können, würde ich immer die Eigenanreise bevorzugen. Dann kannst du nämlich noch frei entscheiden, in welches Krankenhaus du dich begibst. Diese Entscheidung nimmt dir sonst der Rettungswagenfahrer ab.


    Im eigenen Wohnumfeld zu wissen, welche Kliniken auf welche Disziplinen spezialisiert sind und einen guten Ruf haben, ist für mich persönlich auch ein Bestandteil von Vorbereitung.


    Zuletzt kann man immer auch durch eigenes Verhalten dazu beitragen, dass man zu vorhersehbaren Stosszeiten, wie z.B. Glatteis oder Volksfesten, nicht auf die Notaufnahme angewiesen ist.


    Leider ersetzt bei vielen Menschen mittlerweile die Notaufnahme und der Notdienst den Facharztbesuch. Bei einigen Krankeitsbildern, z.B. Divertikulitis, empfehlen dir die Hausärzte sogar damit direkt zur Notaufnahme zu gehen, weil dort ein Entzündungsschub viel schneller diagnostiziert und behandelt werden kann.

    Wer mit dem Feuer spielen will, muss wissen, wo das Wasser steht. (Oliver Tietze)

  • Hm. Da lese ich hier viel Interessantes... hinsichtlich der Anspruchshaltung.


    Also: Ein gedeckter Bruch einer der beiden Unterarmknochen ist zwar schmerzhaft und behandlungsbedürftig, aber erst Mal nicht vital bedrohlich. Da verstehe ich schon, dass man ein paar Stunden liegen gelassen wird, wenn andere, die das Atmen eingestellt haben, vorher drankommen.


    In allen mir bekannten Notaufnahmen gibt es inzwischen Triagen, bevor man einen Arzt sieht, die die nicht akut vital bedrohten Patienten aussortieren und warten lassen. Unsere Notaufnahmen sind derzeit leider alle überfüllt und massiv überlastet, und viele sehen halt leider die sofortige Luxusversorgung auf Privatpatientenniveau bei kleineren (= nicht lebensbedrohlichen) Gesundheitsstörungen als unbedingtes Grundrecht an.


    Wenn ich dann noch lese:

    Zitat

    Meine Lehre für eine ähnliche Situation: Falls ich einen Knochenbruch oder eine schwerere Verletzung vermute, jedoch eigentlich noch in der Lage wäre, mich irgendwie ins Krankenhaus zu schleppen... trotzdem Notruf absetzen und abholen lassen. Ich bin mir bewusst, dass ich damit eventuell Menschen, die wirklich einen Krankenwagen brauchen, einen blockiere, aber... nunja, wenn nur der behandelt wird, der am lautesten schreit, dann schrei ich halt.

    weiß ich, wie solidarisch so jemand in der Gesellschaft funktioniert.


    Aus eigener Erfahrung: Wer schreit, hat Puls und Atmung, und darf weiter warten. Die, die *nicht* mehr schreien, werden zuerst behandelt... :devil: ...und: wie man erweiterte Behelfsbehandlungsplätze / Notaufnahmen baut, übe ich mindestens ein Mal im Jahr. Katastrophenmedizin ist *keine* Individualmedizin...


    :nono:


    Beste Grüße vom sanitäternden Hessen (derzeitiger Schnitt: 1 Reanimation alle 3 Wochen - kann machen, dass Rettungswagen fahren...) :Cool:


    EDIT: Bitte alle mal diesen Artikel lesen: http://www.spiegel.de/karriere…der-alltag-a-1104579.html und sich überlegen, wie man auf die, die da jeden Tag arbeiten wirkt.

  • Ich habe ebenfalls die Erfahrung gemacht, daß man bei einer "Anreise" mit Rettungswagen deutlich schneller behandelt wird, als bei eigenständiger Anreise und anschließenden Warten im allgemeinen Warteraum.


    Der Einsatzzentrale wird die Art des Notfalls geschildert und die entscheidet insoweit nach Dringlichkeit und Reihenfolge. So wäre in meinem Fall (Sturz in den Abendstunden) ein Taxi schneller gewesen, aber ich hätte dann im Krankenhaus mit meinem selbstgemachten Notverband und deutlicher Gehirnerschütterung stundenlang gewartet.

  • Danke @Hiking Hessian!
    Sehr schön geschrieben und dem ist eigentlich auch nichts mehr hinzuzufügen.:Gut:



    Mehr wie machen können die Ärzte nun mal nicht. Und sie machen da oft schon mehr, als sein müsste. Vor allem, wenn Patienten bevorzugt am Wochenende in die Notaufnahme kommen, obwohl sie die Symptome schon wochenlang mit sich rumschleppen. Leider auch Alltag.
    Nun ja.


    lord_helmchen
    Je, es ist heftig, wenn man mit Kolikschmerzen da liegt. Pflegepersonal kann nicht einfach Schmerzmittel verabreichen. Dazu braucht es einen Arzt und die Anordnung dazu. Und der muss einen erstmal untersuchen. Und da viele Patienten Anspruch auf die Ärzte erheben, auch berechtigt, dauert es.
    Eine Situation, die keine Seite befriedigt.



    LG, Survival

    ~ Nunquam Non Paratus ~

  • Ausserdem wären wir dann wieder bei dem Punkt, dass einer, der vor Schmerzen Geräusche von sich gibt auf den ersten Blick erkennbar noch atmet und damit auch einen einigermaßen stabilen Kreislauf hat sowie bei Bewusstsein ist.


    Um die Schmerzen einer Nierenkolik unter Kontrolle zu bringen, braucht es etwas mehr als ein Aspirin, und das meiste, was dafür in Frage käme, wirkt auch dämpfend auf die Atmung, man müsste also wieder jemanden abstellen, der diesen Patienten dann laufen überwacht. Ansonsten hätte man schlimmstenfalls wieder einen Kreislaufstillstand...


    Wie ich schon geschrieben habe: Die Situation, dass man mit seinen Schmerzen alleine gelassen wird und das mitunter für Stunden, ist nachvollziehbar unbefriedigend. Gleichzeitig ist die Belegschaft der Notaufnahme in so einer Situation an der Kapazitätsgrenze unterwegs und muss laufen beurteilen, wer als nächstes dran kommt. Diese Reihung passiert primär nach Notwendigkeit und erst sekundär nach Reihenfolge des Eintreffens.
    Ohne da jemandem jetzt was unterstellen zu wollen, aber ich kann mir vorstellen, dass jemand, der meint, er müsse durch Gezeter auf sich aufmerksam machen, schon mal vorsätzlich 'vergessen' wird... So gesehen: Ruhe bewahren, evtl hie und da mal höflich nachfragen, wie lang es denn noch dauert und ansonsten froh sein, dass man in der Lage ist, zu warten und nicht augenblicklicher Hilfe bedarf. Auch wenn es in der jeweiligen Situation unangenehm ist.

  • Hallo,


    ich wollte eigentlich nicht darauf hinaus, dass man sich vordrängeln sollte, Ganz im Gegenteil. In Vordrängeln kostet Menschenleben, oder zumindest verlängert es die Gesundung.


    Eher die Frage, wie man sich darauf vorbereiten sollte, dass man damit zu rechnen hat, dass andere sich mit Verletzungen, die wirklich der Allgemeinmediziner behandeln könnte, aus welchen Gründen auch immer in einer Notaufnahme sammeln, und das Personal vermutlich aus Angst vor Randale keine Priorisierung selbst organisiert.


    @Hiking Hessian: Wer sich mit allen, auch mit offensichtlichen Schmarotzergruppen solidarisiert, der schadet durch diese Solidarisierung selbst ganz gewaltig dem Solidaritätsgedanken. Du solltest also nicht wahllose Solidarität mit allem und jedem fordern!



    Nick

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Ich kenne eigentlich aktuell keine Notaufnahme mehr, in der das Prinzip First-come-first-serve durchgeführt wird.
    Anfahrten mit dem Rettungswagen werden zwar sofort reingefahren, diese Patienten landen aber je nach Dringlichkeit auf dem "Parkplatz" - ein Ort mit vielen Liegen und Patienten drauf.


    Mittlerweile müssen die Notaufnahmen auf das Triage-Prinzip zurückgreifen und die Patienten nach Dringlichkeit sortieren. Ganz nach dem Motto, dass der Hesse beschrieben hat: Wer noch meckern kann, kann auch warten.
    Da das Pflegepersonal bei weitem mehr kann, als nur Hintern abwischen, ist somit gesichert, dass nicht der Erkältete, der mit der Rettung rein kommt, als erstes behandelt wird, sondern der Opa der mit dem Radl und einem Herzinfarkt erscheint. (So auch schon passiert)
    Was den wenigsten klar ist, da ist Fachpersonal vorhanden, die schon eine erste Einschätzung durchführen, ohne dass man es merkt.


    Wer übrigens noch wählen will, in welche Notaufnahme er denn lieber möchte, braucht diese zu 95% nicht.


    Hilfreich ist es zu wissen, es gibt in vielen Städten einen hausärztlichen Notdienst. Der wird leider nur zu wenig genutzt...


    Oder in anders: wir zerschießen uns das ganze Gesundheitssystem zunehmend selber. Die Bevölkerung will jederzeit und sofort die beste Behandlung und zwar wann ihr gerade passt. Aber das darf kein Geld kosten. Ärzte, die 48h-Schichten machen. Pflegepersonal, dass zwar eine Ausbildung auf Hochschulniveau hat. Rettungspersonal, die draußen unter Druck lebenswichtige Entscheidungen treffen müssen. Alles dramatisch unterfinanziert.
    Daraus folgt ein in weiterer Hinsicht viel größeres Problem: Personalmangel. Der ist schon jetzt so groß, dass beispielsweise in Österreich Pflegefachassistenten (PFA) ausgebildet werden. Die stehen zwischen Pflegehelfern und Fachkräften. Sinn der Sache ist es, geringer ausgebildetes Personal die arbeiten machen zu lassen, für die man kein Fachpersonal mehr bekommt. So ersetzen diplomierte (examiniert in D) Fachkräfte die Ärzte und übernehmen ärztliche Tätigkeiten. Dafür sind sie qualifiziert - aber es gibt nicht mehr Geld dafür. Da rücken nun die PFAs hinterher. Ganz unten stehen dann die Pflegeassistenten (früher Pflegehelfer).
    Das bedeutet für die Leute, höherwertige Arbeit und Verantwortung, teils ohne entsprechende Ausbildung mit weniger Vergütung.


    Das alleine macht noch keinen Mangel - aber wer ist denn heute noch so dämlich und wählt einen solchen Beruf, wenn man in einem Büro 9-to-5 arbeiten kann und ohne Angst, dass man wen killt, wenn man mal einen kleinen Fehler macht, das JEDES Wochenende frei hat. In D sind nach 10 Jahren nur noch etwa 70% der Pflegefachpersonen im Beruf, bei Pflegehelfern nur 35% - die anderen sind gegangen. Eine andere Studie beschreibt: "Altenpflegekräfte [arbeiten] durchschnittlich 8,4 Jahre in ihrem Beruf, Pflegekräfte in Krankenhäusern dagegen 13,7 Jahre."
    Das ist wenig!


    Stellt euch mal vor, es ist Streik - nur das keiner streikt, sondern einfach keiner mehr da ist... Das kommt auf uns in absehbarer Zeit zu.


    Was dann ist? Nichts! Da reicht ein Blick zu den USA, da sinkt die Lebenserwartung ja auch nicht grundlos - und kein Aufstand weit und breit zu sehen. Nur eine Orange mit komischer Frisur. Und da ist der Versuch, Obamacare kaputt zu machen nur deswegen gescheitert, weil es vielen Republikanern nicht weit genug ging...


    Grüße
    Basmyr

  • Ja, man muss sich fragen wo all dieses viele Geld versickert, zumal jedes Jahr mehr dafür ausgegeben wird. Aber das ist ein komplexes Thema denke ich. Ob sich unser Gesundheitssystem im Niedergang befindet kann ich nicht beurteilen. Ich bin nur selten auf ärztliche Hilfe angewiesen. Ich gehe aber davon aus, dass man mich nicht einfach sterbend irgendwo liegen lassen wird.


    Ich denke, dass es gut und richtig ist, wenn in der Notaufnahme so vorgegangen wird.


    In dem Moment wo man vor Schmerz nicht mehr "Pieps" sagen kann verflucht man natürlich alles. Für die Infusion war ich dann aber wieder sehr dankbar. :grosses Lachen:

    I feel a disturbance in the force...

  • Zitat von Basmyr;304017

    ... gibt in vielen Städten einen hausärztlichen Notdienst. Der wird leider nur zu wenig genutzt...


    Ja, es gibt diesen kassen- oder privatärztlichen Notdienst.


    Aber, da wartet man eben zu Hause stundenlang, ohne "Triage" vorher. Dieser "Notdienst" ist nicht mehr (oder weniger), als das was der Hausarzt früher außerhalb der Sprechzeiten gemacht hat (manchmal noch bei lebensalten Patienten macht). Der Begriff "Notdienst" kommt hier nicht von "Dringlichkeit" oder "Notfall".


    Ja, seine Inanspruchnahme könnte die Warteräume in den Krankenhäusern an Wochenenden und Nachtstunden oder Mittwochnachmittags leeren helfen.


    Aber, im Notfall, rufe ich immer die "112", die am Telefon und / oder die Rettungssanitäter entscheiden dann über die jeweilige Dringlichkeit.


    Zugegeben: Da wird sich in jedem Land und Stadt die Situation deutlich unterscheiden.


    Was tun, wenn die Notaufnahme überfüllt ist oder schlicht nicht besetzt ist? Wir sind mit Kleinkind in dem Fall überstürzt aus Süddeutschland abgereist, da am Schmotzigen Dunschtich partout keine medizinische Hilfe für das Kind aufzutreiben war: Ich kam mir diesbezüglich wie in einem Dritten-Welt-Land vor :verärgert:

  • Nur um das mal klarzustellen: Eine Fahrt des Rettungswagen kostet je nach Landkreis der Krankenkasse 400 -600 Euro! Das zahlt somit die Allgemeinheit!
    Allein manche Obdachlose bei denen man ständig die 112 anruft nur weil der mal wieder betrunken ist, kostet der Allgemeinheit mal 100000 Euro im Jahr!
    Tatsache ist leider oft genug, das die richtig kranken mit dem Taxi in die Notaufnahme kommen und die lieben Mitmenschen wegen einem grippalen Infekt den Rettungswagen rufen.
    Und wenn dann noch Mitmenschen lieber für ihre Fango-Packung am Freitag Vormittag zum Physiotherapeuthen gehen anstatt beim Hausarzt ein Rezept für Schmerzmittel abzuholen weil die Gürtelrose wieder so schmerzhaft ist und dann um 20 Uhr den Rettungsdienst rufen...dann braucht sich auch keiner wundern wenn die Freundlichkeit des Rettungsdienstes sich in Grenzen hält!
    Früher legte man sich mit Influenza ins Bett und kurierte sich mit Hausmittelchen aus und es wirkte. Heutzutage ruft man den Rettungsdienst weil der billiger wie ein Taxi ist und wird dann noch unverschämt wenn der Rettungsdienst einen nicht gleich mitnimmt weil man schon mit gepackten Koffern vor der Haustür steht!


    Und dann beschwerren sich alle wenn die Krankenkassenbeiträge steigen.


    Die meisten Krankenhäuser triagieren mittlerweile. Ein gebrochener Arm ist nicht lebensbedrohlich. Also gibts Wartezeit.


    Wenn man mehrere Krankenhäuser zur Auswahl hat, dann würde ich bestenfalls noch bei zwei oder dreien anrufen und nachfragen wieviel los ist und dann meine Entscheidung treffen wo ich hinfahre.


    Ganz ehrlich: Wenn man "nur" einen gebrochenen Arm hat und sich die Schmerzen in Grenzen halten, dann kann man sich auch ins Krankenhaus fahren lassen. Schliesslich kann man noch laufen. Normalerweise hat man ja noch Schmerzmittel zuhause die man nehmen könnte. Aber bitte kein Aspirin.


    Letztendlich kommts aber auch wieder etwas drauf an wie man sich den Arm brach...

  • Immer ruhig!

    Zitat von Smileyneu;304026

    Nur um das mal klarzustellen: Eine Fahrt des Rettungswagen kostet je nach Landkreis der Krankenkasse 400 -600 Euro!


    Überall und bei jedem sind die Bedingungen (etwas) anders. Aus meiner Rechnung von 2014:
    previval.org/f/index.php?attachment/38575/

    Zitat von Smileyneu;304026

    Das zahlt somit die Allgemeinheit!


    In dem konkreten Fall habe ich es bezahlt.


    Will sagen:
    Es soll sich niemand abschrecken lassen, im Notfall die Segnungen der Zivilisation auch in Anspruch zu nehmen.


    Das hier angesprochene "Überfüllungsproblem" mit Verweis auf Triage (die für den Kriegsfall gedacht ist) und Appelle nach Zurückhaltung zu begegnen, geht m.E. fehl.


    Hierzulande bedarf es aus meiner Sicht - wie früher - mehr Ärzte auf der Fläche, die rund um die Uhr erreichbar sind, und Ärzte, die nicht gezwungen sein sollten Unternehmer zu sein, also ihre Einnahmen zu maximieren. Die Gesundheit ihrer Patienten (nicht Kunden!) sollte maximiert werden.


    Aus der Moral-Diskussion klinke ich mich jetzt aus.

  • Zitat von Opa;304016

    @Hiking Hessian: Wer sich mit allen, auch mit offensichtlichen Schmarotzergruppen solidarisiert, der schadet durch diese Solidarisierung selbst ganz gewaltig dem Solidaritätsgedanken. Du solltest also nicht wahllose Solidarität mit allem und jedem fordern!


    Hi Opa,


    Du hast da etwas ganz Entscheidendes anscheinend anders verstanden, als ich es gemeint habe.


    Ich kenne all' das aus einer anderen Perspektive - nicht als Patient... und habe deswegen eine ganz klare Meinung über die, die mit Bagatellverletzungen und -erkrankungen ein Rettungsmittel blockieren, das an einem anderen Ort, bei einem tatsächlich lebensbedrohlich erkrankten Patienten gebraucht wird. Oder halt die Notaufnahmen verstopfen und nicht verstehen, dass, so lange sie noch in einem Zustand sind, dass sie überhaupt genervt sein können, sie eigentlich nix in der NA verloren haben und mal die 116117 hätten anrufen sollen.


    Wie so oft beseitigt ein Blick in die Verordnungen Unklarheiten und schafft Wissen.



    In Hessen wäre die *mildeste* Rettungsdienstindikation:



    Ja, mit einem geschlossenen Knochenbruch gehört man zu einem Arzt. Nein, wenn man keine Sekundärerkrankung wie z. B. eine Gerinnungsstörung hat, ist man nicht vital bedroht und kann auch mal warten.


    Das hat nichts mit vermeintlich "falscher" Solidarisierung zu tun (und wen siehst Du denn da als "Schmarotzer"? Für mich wäre ein Schmarotzer eben so jemand, der trotz Bagatellverletzung ein Rettungsmittel bindet, nur um eventuell ein bisschen schneller behandelt zu werden), sondern mit ganz neutraler, medizinisch fundierter Bewertung des Patientenzustandes bei gleichzeitig nicht unendlichen Material- und vor allem Behandlungspersonalkapazitäten.


    Mal ganz davon abgesehen: Mit frisch ruhiggestelltem Flügel hat Dein Bekannter danach definitiv nicht weiter im Stall gearbeitet, eine Bergwanderung unternommen oder ein Rachmaninoff-Konzert gespielt, sondern sich auf' Sofa gehauen. Was ist ihm also durch ein paar Stunden Warten verloren gegangen? Zeit auf dem Sofa? Das soll schlechte Laune rechtfertigen oder den Untergang der westlichen Zivilisation bedeuten? Ich kann Dir versichern: Wenn er auf dem Rücken liegend, intubiert und beatmet eingeliefert worden wäre, wäre er schneller drangekommen... aber nicht wieder so schnell raus wie Dein Bekannter.


    Und nix für ungut!


    Beste Grüße vom realistischen Hessen

  • Moin @ll,


    also ich habe es mittlerweile aufgegeben, mich darüber aufzuregen, dass wir zu "Furz und Feuerstein" mit Alarm angetobt kommen. Seit ich in meinem jetzigen Rettungsdienstbezirk herumturne, hat sich die Zahl der Rettungswagen (das sind die großen Autos mit Rettungssanitäter & Rettungsassistent, demnächst Notfallsanitäter) dort geschmeidig verdreifacht, Tendenz steigend.


    Unsere klare Ansage vom ärztlichen Leiter lautet: "Wir fahren alles!" - sprich, wenn wir vor Ort sind und der Betroffene verweigert nicht die Mitfahrt, dann bringen wir ins Kh. Wir lehnen nicht ab, verweisen nicht an den ärztlichen Notdienst.
    Punkt, Ende der Durchsage!


    Es ist Aufgabe eines Arztes zu entscheiden, ob der Patient ein Notfall ist oder nicht!


    Ja, es gibt die Fälle, in denen wir gerufen werden, nur damit dann die Versorgung in der Ambulanz schneller geht. Manche verplappern sich diesbezüglich, das wird auch fein dokumentiert und ist Bestandteil der Übergabe...


    Es gibt nicht mehr den Vermerk "Geringfügig" mit anschließender Privatrechnung. Und ein Arzt aus der Ambulanz eines Kinderkrankenhauses bestätigte mir, dass seitens des dortigen Chefs die Ansage auch klar ist: Alle Eltern erhalten für ihre Kinder einen Transportschein, denn das sind potentielle Patienten, die abgerechnet werden können...


    Im übrigen erlaube ich einmal auf die Definition des Begriffs "Notfall" (wenn ich richtig erinnere nach WHO) zu verweisen:


    Ein Notfall ist das, was der Betroffene als Notfall erlebt, unabhängig vom Ergebnis einer späteren fachkundigen Beurteilung!


    Es gibt genug Menschen, die von ihrer Mentalkapazität her gar nicht in der Lage sind zwischen einem wirklichen Notfall und einer "Feld- Wald- und Wiesenerkrankung" zu unterscheiden, geschweige denn, sich einen Arzt zu suchen!
    Dazu kommen die echten "Schmarozzer", die Vollversorgung mit Abholservice 24/7 verlangen ...


    Die derzeitige unbefriedigende Situation ist - unabhängig davon, dass ich keinerlei Besserung erwarte - in meinen Augen ein Konglomerat von wirtschaftlichen Interessen (der Rettungsdienstbetreiber - je mehr Bedarf, desto gößer der Dienstbereich, desto höher die eigene Eingruppierung -, der Krankenhausbetreiber - je mehr Patienten durch die NA gezogen werden, desto mehr kann abgerechnet werden), von Unfähigkeit und Unwilligkeit einer gewissen "Nutzergruppe" (ich vermeide hier mal bewusst den Begriff Patienten) und einer zusammengebrochenen Hausarztversorgung.


    Das ganze findet dann auf dem Rücken des völlig überlasteten Personals von Rettungsdienst, Pflege und Ärzten statt!


    Nein, es gibt keine allgemeine Strategie, wie "Otto Normalprepper" mit dem Problem umgehen soll, weder in Friedens- noch in Krisenzeiten!
    Ein paar allgemeine Anregungen vieleicht:
    - Ein guter Prepper hat einen guten Hausarzt, zu dem er ein vertrauensvolles Verhältnis pflegt. Wenn nicht, sucht er sich einen....
    - Wenn er außerhalb der Sprechzeiten wegen einer allgemeinen Erkrankung unbedingt einen Arzt sehen muß, dann geht er zum "Ärztlichen Notdienst".
    - Wenn er einen Unfall oder eine akute Erkankung erleidet, die er als Notfall empfindet und sich fragt: "Brauche ich jetzt einen Rettngswagen?", dann beantwortet er die Frage mit "Ja!" und ruft die 112 an.


    Ich denke, in diesem Kreis sollte das allgemeine Verständnis und die Fähigkeit zur Lagebeurteilung so entwickelt sein, dass dieser Weg zum Erfolg führt.


    Wer sich selbsttätig in das nächste Notfallkrankenhaus begibt, sollte in der Lage sein, an der Anmeldung eine vernünftige Beschreibung des Unfallhergangs, der Verletzung bzw. des Beschwerdebildes zu geben.


    Ach so, ja, eines noch:


    Prepper haben eine aktuelle Erste-Hilfe-Ausbildung!


    Denkt der


    Christian

    Hier wird das Licht von Hand gemacht ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Also gut, um da auch etwas zurückzurudern, ich habe da wohl eine falsche Vorstellung von der Notaufnahme.
    Ich war bisher ein einziges mal in meinem Leben dort, und das war, als ich noch jung war, bei einem Sportturnier, also vor über dreisig Jahren.
    Damals kam ich nach kurzem Warten (klar es kommt wie eine Ewigkeit vor) von wenigen Minuten dran. Glaub ich zumindest.


    Es muss sich wohl einiges drastisch verschlechtert haben.
    Am besten... nicht krank werden ...


    Nick

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • ksbulli: Sehr schön! Ja, ich hab' da mehr Druck auf dem Kessel, wenn es um das sinnlose Blockieren von Notfallhilfe geht... :winking_face:


    Den entscheidenden Satz möchte ich hier noch mal extra betonen:


    Zitat von ksbulli

    Prepper haben eine aktuelle Erste-Hilfe-Ausbildung!


    !!!1!11!elfelf!


    (...und sind durchgeimpft!)


    :Gut:
    :drinks:


    Wir haben Wasser für drei Wochen, Essen für zwei Monate, Diesel im Generator und Kurzwellenfunkgeräte im Shack, und dann sollen wir an einer unversorgten Schnittwunde oder einem verschluckten Stück Tofu in der Trachea versterben?


    Das wäre unprepared...


    Beste Grüße vom wieder versöhnlicheren Hessen