Bei 60 Zentren für ganz Deutschland werden für Viele die Anreisewege sehr lang sein.
Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie sie die Logistik für Millionen Impfdosen hinbekommen wollen.
Auch wenn wir in D oft über den föderalen Flickenteppich stöhnen (jedes Bundesland erlässt eigene Corona-Verordnungen, die sich teilweise widersprechen), hier spielt eine dezentrale Struktur ihre Vorteile aus. 16 Bundesländer organisieren jeweils die Verteilung in ihrem Zuständigkeitsbereich. Das liegt auch daran, dass der Katastrophenschutz über die Bundesländer, Regierungsbezirke und Landkreise hierarchisch organisiert ist. Allein das DRK verfügt über 160.000 ehrenamtliche Helfer, die dann über die Ortsvereine und Kreisverbände aktiviert werden. Das läuft dann überall gleichzeitig ab, wenn der Auftrag dazu kommt. Das ist ausnahmsweise mal effektiver, als eine zentrale Stelle in Berlin das für Buxtehude, Dippoldiswalde und Altötting organisieren zu lassen.
Die Vorbereitungen für die Logistik laufen längst. Baden-Württemberg z.B. hat im Oktober die Spritzenbestecke für die Impfkampagne beschafft, da man mit Engpässen wie im Frühjahr bei den Masken rechnet, wenn die Impfstoffe verfügbar sind und alle anfangen, sich das Zubehör für die Impfung zu kaufen.
Die zunächst 60 Impfzentren sind so verteilt, dass es dem lokalen Bedarf entspricht. So werden allein in Berlin 6 Zentren eingerichtet und man geht davon aus, dort pro Tag mindestens 20.000 Personen impfen zu können. Bei 3,7Mio. Einwohnern in der Stadt wäre man dann nach 6 Monaten einmal komplett durch.
Die Impfzentren werden in Messehallen und Flughäfen eingerichtet. Die sind momentan eh nicht ausgelastet, davon gibts genügend und man hat dort die nötige Verkehrsanbindung und auch die Infrastruktur, um Menschen in großer Zahl betreuen zu können (Wartebereiche, Verpflegung, Sanitär) sowie das dafür benötigte Personal. Berlin Tegel z.B. hatte bis zu 24 Mio. Passagiere pro Jahr, entspricht einem Tagesdurchschnitt von mehr als 65.000 Personen, die über den Flughafen "abgewickelt" wurden.
Das halte ich für lösbar, solange es beim Material keine Engpässe gibt. Die Infrastruktur und die nötigen Helfer sind jedenfalls vorhanden.
Ausserdem werden zunächst nur bestimmte Gruppen oder Regionen "durchgeimpft" werden. Die Diskussion über die Impfstrategie ist ja gerade in vollem Gang. Neben der vorrangigen Versorgung von KRITIS-Personal oder besonders gefährdeten Gruppen (Heimbewohner z.B.), gibt es auch die Überlegung, zunächst die aktivsten "Verbreiter" zu impfen. Das wären derzeit dann eher jüngere Menschen oder auch "Vielreisende", die durch ihr Reiseverhalten Infektionen über weite Strecken tragen können.
Aus der Seuchenbekämpfung kennt man auch das Instrument der "Ringimpfung", die man um einen Hotspot herum durchführt, das könnten dann Bewohner und Pendler sein, die um eine besonders betroffene Grossstadt herum wohnen. Das entspricht dann einer "Brandschneise", die man um einen Bereich mit sehr hohen Infektionsraten zieht.
Zur Kühlung: es gibt viele Impfstoffe, die bei -60 ... -70 °C transportiert werden müssen, auch viele andere Stoffe werden so transportiert (z.B. in der Halbleiterfertigung). Das kennt die Transportbranche. Dafür nimmt man Trockeneis. Für die Chipfabrik meines Arbeitgebers benötigen wir regelmäßig spezielle Chemikalien aus Japan und USA, die kommen meist per UPS im Paket - trockeneisgekühlt. Eine Transportdauer von vier Tagen ist damit im Pappkarton mit Styropor-Einsatz problemlos machbar (hier eine Tabelle, wie viel Trockeneis benötigt wird, um wie lange kühlen zu können)
Trockeneis kann relativ einfach hergestellt werden, mit sog. Pelletizern (Kostenpunkt ab 30.000€). Die stehen inzwischen auch bei fast jedem Lackierbetrieb (Stichwort Trockeneis-Strahlen). So eine Kiste kühlt Kohlensäure auf unter -78 °C runter, wobei das CO2 dann gefriert. Die Kohlensäure gibts als Flaschengas im Getränkehandel, weil es für die Zapfanlagen in der Gastronomie in großen Mengen gebraucht wird. Der große Vorteil beim Trockeneis ist, dass es beim Auftauen sublimiert, d.h. vom festen Zustand direkt gasförmig wird. Es macht keine Sauerei, sondern verflüchtigt sich einfach.
Grüsse
Tom