Tag 2 bei mir:
- Die Feuerwehrabteilungen unserer kleinen freiwilligen FW haben am Nachmittag von Tag 1 ihre drei Gerätehäuser in den Ortsteilen besetzt. Es ist rund um die Uhr eine Fahrzeugbesatzung (Löschgruppe, d.h. 9 Mann/Frau) da. 6h Schicht, dann Ablösung. Das ist nötig, da es keine zuverlässige schnelle Möglichkeit gibt, die Feuerwehrler zuhause zu alarmieren. Damit die Gruppen nicht nur rumsitzen, bereiten sie gemeinsam mit dem DRK die Turnhallen nebenan als Notquartier bzw. Aufenthaltsräume für die Bevölkerung vor. Einmal vormittags und einmal am Nachmittag fährt der MTW der Feuerwehr durch die Straßen und es wird per Lautsprecherdurchsage darauf hingewiesen, dass die Gerätehäuser der Feuerwehren durchgehend besetzt sind und in dringenden Fällen oder bei Bränden die Feuerwehr dort alarmiert werden kann.
- Mit der DRK-Bereitschaft klappere ich die drei Dorfläden, die Metzgerei und die Mühlengenossenschaft ab und sichere Zutaten für Eintopfgerichte. Mit dem Ortsvorsteher geht es dann zu den "Backfrauen", die sich regelmäßig um die bei uns noch vorhandenen holzbefeuerten Backhäuser kümmern. Sollte der Stromausfall weiter andauern, planen wir einen Backtag pro Woche in jedem Dorf. Die Infrastruktur (Teigraum, Verkaufshäuschen) ist für die Vereinsfeste gottseidank vorhanden. Einziges Problem ist der Antrieb der gewaltigen Teigrührmaschine im Teigraum. Ein Mitglied des Oldtimervereins stellt einen Traktor mit Zapfwellen-Generator zur Verfügung, damit man Strom für den Drehstrommotor erzeugen kann. Die Brauerei im benachbarten Ortsteil erklärt sich bereit, die Turnhallen mit Getränken aus dem Lager zu beliefern. Wenn jetzt noch einer zwei Spanferkel stiftet, müssen wir aufpassen, dass es nicht zu einer fröhlichen Blackout-Party ausufert.
- Der Krisenstab im Rathaus tagt das erste Mal. Es gibt nach wie vor keinen Kontakt zum Landratsamt als übergeordneter Stelle, wir wissen also nicht, ob der Landrat den Katastrophenfall ausgerufen hat. Ersatzweise erklärt der Bürgermeister per Allgemeinverfügung den Katastrophenfall. Die Funkverbindungen von FW, DRK und Rathaus zur integrierten Kreisleitstelle waren unmittelbar nach dem Blackout zusammengebrochen. Ich rege an, die je 3-4km Luftlinie von einander entfernten Teilorte über eine Feldtelefonverbindung miteinander zu verbinden - leider haben wir nicht genügend Kabel. Meine eigenen Bestände sind nur knapp 2km. Das ist massiv ärgerlich. Zumal die Kabel preiswert und quasi unbegrenzt haltbar sind. Die Dorfelektriker haben jeweils ein paar hundert Meter Telefon- und Netzwerkkabel, aber das reicht auch nicht. Aber wenn ich vorsorglich 12km Feldkabel eingelagert hätte (24 Trommeln), dann hätte mich meine Beva sofort in eine Klapse einliefern lassen. Dummerweise gruppieren sich die drei Dörfer um einen ziemlich prominenten Hausberg - keine Sichtlinie. Wir vereinbaren einen Versuch mit CB-Funkgeräten. Allerdings hat der Bürgermeister Bedenken, da der CB-Funk öffentlich und frei abhörbar ist. Sollte die Lage andauern, werden wir über Wifi-Richtfunkverbindungen um den Berg herum nachdenken, aber der logistische Aufwand, das hinzubekommen, ist erheblich. Das Material dazu hätte ich im Lager.
- Zuhause wütet der "Langweilebär". Kein Internet, kein Youtube, kein Netflix. Junior kämpft mit sich. Er lädt sein Tablet an einer MISA mit Solarmodul, aber die paar gespeicherten Filme sind schnell geschaut. Schon schlimm, wenn die Generation Tiktok offline gehen muss. Auf meinen wohlgemeinten Rat "Wir haben auch Bücher" wird mir nur ein verächtlicher Blick zugeworfen, der bedeutet "Da sind nur Buchstaben drin!". Insgeheim wünsche ich mir einen laaangen Blackout...
- Dank der Insel-PV-Anlage mit Batterie laufen Kühlschrank und Kühltruhe problemlos weiter. Frisches Gemüse und Obst wird aber so langsam weniger. Dafür fragen zwei Nachbarinnen, ob sie bei uns ein paar Sachen im Kühlschrank unterbringen können, weil ihrer nicht mehr geht... Das mit dem "Stromprivileg" könnte noch spannend werden. Meine Frau hilft den Nachbarn, die Inhalte ihrer Kühltruhen einzukochen, dazu stelle ich einer Nachbarin einen 2flammigen Gaskocher und eine angebrochene Gasflasche zur Verfügung. im Gegenzug fallen für uns auch noch ein paar leckere Gläser ab.
- Die CB-Funkrunde morgens mit meinem Bruder hat nur kurz geklappt, es waren etliche andere Funker unterwegs, dann war die Verbindung unverständlich. Die Funkrunde am Abend klappte problemlos.
- Wir gehen zeitig ins Bett, auf den Straßen ist es ruhig.