Hallo zusammen,
mir ist es in den letzten Tagen (und es dürfte auch noch ein paar Tage andauern) vergönnt, Menschen in einer Stresssituation zu beobachten.
Die Situation ist nicht besonders außergewöhnlich:
Aufgrund von Baumaßnahmen ist derzeit die Bahnlinie auf meinem Arbeitsweg teilweise unterbrochen.
Auf diesem Teilstück ist ein Schienenersatzverkehr (Bus) eingerichtet.
Zwei Dinge sind mir bisher aufgefallen:
1.) Am ersten Tag der Baumaßnahmen kam auch noch ein Verkehrsunfall dazu. Das führte dazu, dass die Leute aus dem Bus ausstiegen und "feststeckten", da alle Bahnen blockiert waren. Diverse Mitarbeiter des örtlichen Verkehrsverbundes wurden von mehreren Mitreisenen angefaucht und beschimpft. Soweit ich das überblicken konnte, kam kein einziger auf die Idee, einfach zu Fuß weiter zu laufen. Ich habe mich dann auf die Socken gemacht und konnte mein Ziel innerhalb von 20 min erreichen.
2.) Heute Morgen standen zusammen mit mir und den anderen Berufspendlern 3 Gruppen von Kindern (Grundschule?) an der Haltestelle für den Ersatzbus. Insgesamt war das vermutlich ungefähr die doppelte Anzahl von Personen, die in einen einzelnen Bus passen. Als der Bus eintraf und die Leute erkannten, dass nicht alle Personen in diesem Platz haben würden, stieg ganz offensichtlich der allgemeine Stresspegel: Mehrere Leute liesen empörte Äußerungen über die Größe des Busses fallen, das Gedränge nahm stark zu, vor allem dort, wo der Bus vermutlich gleich stehenbleiben und die Türen öffnen würde. Als die Türen dann aufgingen, prügelten sich die Menschen fast um einen Platz im Wagen: Eine Frau auf Krücken und eine mit Kinderwagen wurden fast über den Haufen gerannt, ältere Personen abgedrängt. Sonderliche Rücksichtnahme auf Schwächere gab es kaum... Als der Bus voll war, stand draußen noch die andere Hälfte der Leute, denen eine gewisse Ratlosigkeit (vielleicht auch eine schwache Form von Angst) anzusehen war. Ich hatte nicht das Gefühl, dass diesen Leute zu diesem Zeitpunkt überhaupt daran dachten, dass ja noch mehr Busse unterwegs sind. Der nächste kam dann auch tatsächlich noch, bevor der erste Bus abfuhr und keiner der leute musste am Bahnsteig zurückbleiben.
Was ich daraus mitgenommen habe:
1.) Unter Stress denken die meisten Menschen nicht mehr an die einfachsten Lösungen
2.) Auch ein nur "scheinbarer", aber nicht realer Ressourcenengpass erzeugt einen hohen Stresspegel und kann schnell asoziales Verhalten auslösen (könnte ja auch z.B. durch einen fast leeren Supermarkt ausgelöst werden)
Die Baumaßnahmen laufen offiziell noch bis inkl. Montag. Ich werd mal sehen, was ich da sonst noch bemerke
Falls ihr auch schon solche oder ähnliche Situationen beobachten konntet, würde es mich freuen davon zu lesen.
Gruß,
Kc