Zum Artikel über klimaschädliches Home-Office:
Die Annahmen mögen stimmen, wenn man voraussetzt, dass die Alternative zum "ländlichen Home-Office" eine schon vorhandene bezahlbare bzw. überhaupt eine Wohnung in der Nähe des Arbeitsplatzes ist. Falls nicht:
Kurzer OT-Einschub:
Da der Wohnungsmarkt in sämtlichen Ballungsgebieten (in denen sich nunmal die Mehrzahl der Home-Office-fähigen Jobs befindet) aber vollkommen aus dem Runder gelaufen ist (im Raum Stuttgart zahlt man aktuell für den Quadratmeter bei einer sanierten Altbauwohnung um 5.000€ und für eine Neubauwohnung 6.500€/m² Kaufpreis. Macht für eine 100m² mal eben 650.000€. Und da die Wohnungen im Regelfall in einem verwalteten Mehrparteienhaus sind, fällt mal noch monatlich ein Hausgeld von 300-600€ an. Welche Familie kann sich das noch leisten? Eine Wohnung für 650.000€ bringt beim Kauf 69.000€ Erwerbsnebenkosten mit sich, die müssen vom Käufer aus eigenen Mitteln bestritten werden. Läuft auf eine 100%-Finanzierung der 650.000€ hinaus. Kostet aktuell bei 20 Jahren Zinsbindung 3,6% eff. Jahreszins und ergibt bei 2% Tilgung eine Monatsrate von 3.000€ (und nach Ablauf der 20 Jahre Zinsbindung hat man noch eine Restschuld von 270.000€), daneben muss das Hausgeld gezahlt werden, 2 Kinder kosten, bis sie volljährig sind jeweils rund 100.000€, Essen und Trinken will man auch noch. D.h. ohne ein verfügbares Haushaltsnettoeinkommen von wenigstens 5.000€ im Monat ist das für eine Familie gar nicht mehr darstellbar, in der Stadt in der eigenen Wohnung zu leben. Von einem Haus im städtischen Randbereich reden wir erst gar nicht. Da kostet ein unsaniertes Reihenhaus aus den 1950ern auf 280m² Grund mittlerweile locker 800.000€, eine umfassende Sanierung bringt einen dann lässig über die Millionengrenze.
Eine Mietwohnung, Beispiel von heute, in Stuttgart-Rohr, 2 Zimmer, 57m², in einem Wohnblock aus dem 1960ern, kostet 1.100€ Kaltmiete. Sind 19,30€/m²
Zum Vergleich: wir haben uns vor bald 18 Jahren ein eigenes Haus ausserhalb der städtischen Speckgürtel gesucht: Kaufpreis in einer 4.000-Einwohner-Gemeinde damals 97.000€ (leerstehendes Bauernhaus Bj. vor 1900 auf 850m² Grund in Ortsmitte, Wohnfläche 120m²), Gesamtinvestition für Kauf und Sanierung inkl. Fördermittel rund 240.000€. Monatliche Finanzierungskosten 1.600€. Nächstes Jahr ist das Ding dank einiger Sondertilgungen abbezahlt.
Es ist für die meisten Pendler heute schlicht gar nicht möglich, mit Familie in der Stadt zu leben oder dorthin umzusiedeln. Von daher ist das Argument des Ifo-Forschers, Home-Office würde die Menschen dazu ermuntern, aufs Land zu ziehen, um dort verschwenderischer mit Energie umzugehen (weniger sparsames Auto, mehr Quadratmeter Wohnfläche, die beheizt werden müssen), willkürlich konstruiert. Und er lastet den Land-Heimarbeitern dann noch an, sie wären dafür verantwortlich, dass dann der ÖPNV in der Stadt weniger ausgelastet sei, also wegen der fehlenden Innenstadtpendler. Irgendwie etwas krude, die Ifo-Argumentation. Nochmal ein Beispiel aus Stuttgart: dort sind die S- und U-Bahnen 2018 übers Jahr mit 105% Auslastung gefahren. Der Verkehrsverbund verzweifelt regelmäßig an der politischen Forderung, 20% Autofahrer zum Umstieg in den ÖPNV zu motivieren. Die passen schlicht nicht in die Züge rein. Mehr Züge fahren zu lassen, ist wegen der Gleissteuerung aus den 1970ern nicht möglich und die S-Bahnen fahren zu Stoßzeiten schon mit 3er-Zügen, die von der Länge her gerade noch in die Haltestellen passen.
Insofern ist das durch die Pandemie entdeckte Home-Office-auf-dem-Lande endlich eine Möglichkeit, sich privat als Familie wohntechnisch verwirklichen zu können und gleichzeitig einem Beruf nachgehen zu können, den man so auf dem Land nicht finden würde. Und man bringt als Pendler/Homie in erheblichem Umfang Kaufkraft aufs Land, was der Infrastruktur und dem Gemeinwohl dort zugute kommt. Und was den oft bemühten Flächenfraß durch Wohnen auf dem Land betrifft: ich behaupte mal, dass der Flächenfraß durch städtische Kommunen/Großstädte und ihre Randbezirke um Größenordnungen höher liegt, als der Flächenverbrauch auf dem Land. Dort steht seit Jahren "Innenentwicklung kommt vor Außenentwicklung" als ungeschriebenes Gesetz über den Rathäusern. D.h. man nutzt das Potenzial der in den Ortskernen "leersterbenden" Bauernhäuser und Gaststätten und realisiert dort z.B. ein 8-Parteien-Haus anstelle einer ehemaligen Gaststätte oder eines Bauernhauses. Während Großstädte mit einem Schlag riesige Flächen im grünen Außenbereich durch Startbahnen, Messegelände oder neue Industriegroßprojekte (Batteriefabriken, Brennstoffzellenwerke etc.) verbraucht werden, während in zentraler Lage in den Innenstädten oft riesige Brachflächen (alte Güterbahnhöfe oder Industrieanlagen) jahrzehntelang ungenutzt bleiben. Zumdem gibt es die Unsitte viele Konzerne, sich alle 20-30 Jahre eine neue Konzernzentrale zu bauen (EnBW in Stuttgart ist so ein Beispiel). Da die Bauzeit locker 10 Jahre dauert, blockiert man in dieser Zeit 200% Grundstücksfläche, weil man ja in der alten Zentrale residiert, bis die neue bezugsfertig ist. Oder Standortzusammenlegungen. Macht der Allianz-Konzern in Stuttgart gerade: die rund 5.000 Arbeitsplätze, die auf 15 Standorte verteilt sind, werden in einem "Synergiepark" in Stuttgart-Vaihingen zusammengelegt. Bauzeit >10 Jahre. Auch hier bläht sich der Immobilienbedarf mal eben auf das Doppelte auf, bis die Neubauten fertig sind. Im gewerblichen Immobilienbereich ist in den Ballungsgebieten daher extrem viel Redundanz drin, die das Angebot verfügbarer Flächen künstlich verknappt.
OT-Ende
Noch ein paar persönliche Covid-19-Erfahrungen:
Ich hatte vorletztes Wochenende ab Samstag Schüttelfrost, Gliederschmerzen und anhaltende Kopfschmerzen. Das zog sich drei Tage lang hin. Es wanderte ein Infekt von den Mandeln/Hals zum Innenohr und die Kopfhaut schmerzte extrem (bei Berührung). Dann klang alles innerhalb weiterer drei Tage ab. Atemwege waren unauffällig, kein Schnupfen, kein Husten. In den letzten 10 Tagen habe ich täglich 2 Corona-Schnelltests von drei verschiedenen Herstellern gemacht, und blieb zuhause. Alle meine Tests waren negativ. Bin 2x geimpft und geboostert. War es jetzt Omikron oder was anderes? Unser Sohn klagte auch zwei Tage über Kopfschmerzen und Mattigkeit, aber auch er bei täglich zwei Tests negativ. Bei ihm waren die Symptome nach zwei Tagen weg.