Entwurzelte Gesellschaft?

  • Hi,


    ich weiss nicht, ob ich von meinem persönlichen Erfahrungsschatz so auf das ganze Volk verallgemeinern kann, aber was meint Ihr zu meiner These: "Die Gesellschaft wird immer entwurzelter"?


    1. kannte ich früher gar nicht, und sowas kommt bei mir in keinem meiner einigermaßen realistischen Szenarios vor.
    2. Wenn ich mit Kollegen oder Freunden rede, dann hängt die Wohnungswahl am stärksten von der Jobwahl ab. Auf die Idee den Arbeitsplatz möglichst nahe bei der Oma zu suchen, kommen nur wenige.
    3. Die typische Familie ist mobil. Wenn man weiterziehen muss, dann tut man es halt. Ein Kind oder gar keins, kaum feste Bindungen...
    4. Grundbesitz konzentriert sich auf immer weniger Betriebe, immer mehr Bauern geben ihren Hof auf.
    5. Wie viele Familien kennt ihr, bei denen drei Generationen (oder mehr) in einem Haus wohnen? Ich kenne genau zwei Stück...
    ...


    Ach ja... und gehts den Syrern eventuell genau so wie uns? Ist das ein weltweites Phänomen?



    Nick

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Du hast mir Deinen Beobachrungen ganz sicher Recht,die Dinge wie " gelebt wird" ändern sich ständig.


    Wir sind an einem Punkt angekommen wo man der Arbeit hinterherziehen muss,besonders wenn man aus einer strukturschwachen Gegend stammt.


    Das man nach einer Berufsausbildung einen " Arbeitsplatz auf Lebenszeit" bei einem gesunden Unternehmen bekommen hat gehört bis auf wenige Ausnahmen der Vergangenheit an.


    Die ( landwirtschaftliche ) Grossfamile gibt es kaum noch ganz einfach weil sich die Landwirtschaft auf Grund der ganzen billig-Importe und des Preisdruckes der Discounter nicht mehr lohnen.


    Die jetzige Generation junger Erwachsener ( 18 bis 30 ) hat dazu noch die Ansage im Hinterkopf : Hast Du nicht studiert - bist Du nichts.Also Abwanderung aus den ländlichen Gebieten und Kleinstadt-Dunstkreisen in den nächsten Ballungsraum.


    Diese extreme Landflucht ist ein weltweites Problem,das wird in Zukunft noch für grosse Probleme sorgen,man wird irgendwann die Stadtbevölkerung nicht mehr ernähren können !


    Hier in dem Link kannst Du die ( mMn düstere ) Zukunftsprognose etwas nachlesen ...


    http://www.unsere-welt.net/tag/landflucht/



    Ich gehe jetzt mal an Hand von Deinem Benutzernamen davon aus das Du auch zum " erlauchten Kreis der alten Säcke" gehörst...Ganz taufrisch bin ich auch nicht mehr --> deutlich 50+ ,was ich da so beobachte gefällt mir nicht wirklich,vor allem wenn man das noch anders kennt..


    Auf alte Säcke hört aber Niemand,auch wenn die Unrat wittern,leider...


    @ Syrer : Da denke ich mal sind ganz andere Hintergründe am wirken,diese Menschen wandern - zum Grossteil- eher ab weil sie nicht ermordet werden möchten.

    Aus dem Norden von DE bzw. dem Süden von ES gesendet

  • Hmmm, wir leben mit 3 Generationen in einem Haus. Ich hab extra ausgebaut, damit meine Eltern bei uns wohnen können. Miete brauchen sie keine zahlen, musste ich ja damals auch nicht und ihre Rente ist nicht so hoch. Sohnemann ist 14 und bildet somit die dritte Generation. Manchmal gibt es sicherlich auch Verständnisprobleme zwischen jung und alt, aber das ist zu verschmerzen. Die Vorteile für alle Seiten überwiegen eindeutig. Ich empfinde das als gut und richtig so.:)


    Viele Jahre habe ich auf Montage gearbeitet. Geld war überreichlich vorhanden, aber das war kein Ersatz für Abends nach Hause kommen. Also habe ich mir Jobs hier in der Umgebung gesucht und auch gefunden. Klar müssen wir nun einige Abstriche machen was das finanzielle betrifft, aber die Familie ist wesentlich glücklicher so.


    Obwohl jedes Familienmitglied in einer anderen Stadt oder gar Land geboren wurde, haben wir nun hier eine feste Heimat. Wir haben feste Wurzeln geschlagen und hier werden wir auch bleiben. Umziehen wegen eines Jobs mit mehr Verdienst kommt überhaupt nicht in Frage. Wer immer nur dem Mammon nach jagt vergisst dabei eines: "Das letzte Hemd hat keine Taschen". :tot:


    Door Miesegrau


    Ist zu Hause am besten aufgehoben, Mein Zuhause ist meine Burg und die Familie ist meine Crew...:face_with_rolling_eyes:

    Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom..........;-)

  • Also wir leben nicht direkt mit drei Generationen in einem Haus, aber meine Schwiegereltern und mein Schwager wohnen direkt nebenan, also sozusagen 3 Generationen auf einem Grundstück.


    Was die Entwurzelung der Gesellschaft betrifft, so hab ich auch den Eindruck, dass die wenigsten Menschen meines Alters (25 - 35) noch da wohnen, wo sie oder ihre Partner aufgewachsen sind. Ich komme ursprünglich aus der Großstadt und bin froh heute auf dem Land zu wohnen.


    Mein Mann hat seinen Geburtsort nie für länger als nen 10tägigen Urlaub verlassen, von daher würde ich ihn schon als sehr verwurzelt bezeichnen. Für uns ist das verlassen unseres Grund und Bodens auch nur in absoluten Notfällen geplant (bzw eigentlich planen wir sowas gar nicht)... Für den Job wegzuziehen würde für uns nur in Frage kommen, wenn es in 60 km Umkreis keine Jobs mehr gäbe...


    also es gibt noch Leute in jungen Jahren, die verwurzelt sind, allerdings sind sie selten gesät (ich selbst kenne auch nur eine Familie wo tatsächlich 3 Generationen unter einem Dach wohnen)...
    Und die, die verwurzelt sind, sind interessanterweise meistens die Männer, die bei ihren Eltern wohnen bleiben und die Frauen dann dazuziehen...


    Dagegen eng kenne ich mindestens vier Familien in unserem Alter, da wo weder Großeltern noch Geschwister auch nur ansatzweise in der Nähe wohnen und alle sind des Jobs wegen umgezogen... Bin gespannt ob des auf lange Sicht so gut ist...


    Grüße
    sabrina

  • Das ist ein sehr spannendes und unheimlich vielschichtiges Thema. Ein paar Anmerkungen, die aber keineswegs alles abbilden, was mir dazu durch den Kopf geht.



    Zitat von Opa;243931


    1. INCH kannte ich früher gar nicht, und sowas kommt bei mir in keinem meiner einigermaßen realistischen Szenarios vor.


    Sehe ich vom Grundsatz her genauso, wobei sich das in den letzten Monaten auch durch das Forum hier ein wenig gewandelt hat. Inch und Bob erscheinen mir persönlich bei einigen speziellen Ausformungen der Fälle "Atomunfall" und "politisch-militärische Entwicklung" erwägenswert. Inzwischen gestehe ich aber zu, dass so etwas für Menschen in einer städtischen Umgebung ein paar sinnvolle Anwendungsfelder mehr hat.


    Allerdings sehe ich die Diskussion darüber nicht als zeitspezifisches Problem, da wir uns ja in einem sehr kleinen, speziellen Interessentenkreis bewegen, das also für die breite Mehrheit kein Thema ist.


    Zitat

    2. Wenn ich mit Kollegen oder Freunden rede, dann hängt die Wohnungswahl am stärksten von der Jobwahl ab. Auf die Idee den Arbeitsplatz möglichst nahe bei der Oma zu suchen, kommen nur wenige.
    3. Die typische Familie ist mobil. Wenn man weiterziehen muss, dann tut man es halt. Ein Kind oder gar keins, kaum feste Bindungen...


    Ja, nehme ich ähnlich wahr. Das sieht man unter anderem auch an dem schwindenden Interesse, sich in Vereinsstrukturen, Lokalpolitik und Nachbarschaften aktiv einzubringen oder beispielsweise auch die Lokalzeitung zu lesen. Das ist für mich die Kehrseite der grundsätzlich positiven größeren gesellschaftlichen Mobilität. Man ist eben nicht mehr verdammt dazu, den Beruf der Eltern weiterzuführen, auch wenn man den nicht mag und das Auskommen kärglich ist, oder zeitlebens die gleiche Dorfgemeinschaft zu ertragen, obwohl man die Leute nicht leiden kann. Denn so gut war die "alte Zeit" nie. Man möge dazu mal Ludwig Thoma oder für die Schweizer Gottfried Keller (zugegeben Romane, aber mit guten Grundlagen in der Realität) lesen und sich das Humoristische wegdenken.


    Zitat

    4. Grundbesitz konzentriert sich auf immer weniger Betriebe, immer mehr Bauern geben ihren Hof auf.


    Das hat aber weniger mit Entwurzelung zu tun, sondern mit ökonomischen Abläufen. In der Landwirtschaft herrscht seit Jahrzehnten beinhartes "Wachsen oder Weichen". Wer darauf keine Lust oder nicht das nötige Kapital hat, geht unter.


    Zitat

    5. Wie viele Familien kennt ihr, bei denen drei Generationen (oder mehr) in einem Haus wohnen? Ich kenne genau zwei Stück...


    Mehrere Generationen unter einem Dach müssen nicht grundsätzlich gut sein. Da gibt es gerade aus der Landwirtschaft ziemlich fiese Gegenbeispiele. Zur Vorstellung früherer Groß- und heutiger Kleinfamilien empfehle ich übrigens folgenden Abschnitt aus Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Ffamilie#Geschichte

  • Hallo zusammen


    Als ich den Beitragstitel gelesen habe, habe ich mir Gedanken gemacht was bedeutet das für mich?


    Was verstehe ich darunter?


    Gute Frage!!!


    Entwurzelung bedeutet für mich, dass ich nicht weiss wohin man (auch Frau) gehört?


    DAS ist eine sehr schwierige Frage ......., in einer Zeit wo jemand seine Landesflagge in den Garten hängt und dann angefeindet wird!


    Wo sind denn die Wurzeln?


    Meine Wurzeln sind da wo ich lebe und meine Flagge hängt und ich sagen kann, "ja da gehöre ich hin"!


    Das ist meine ganz ganz persönliche Ansicht.


    Ernst

  • Zitat von ID 2;243963

    Meine Wurzeln sind da wo ich lebe und meine Flagge hängt und ich sagen kann, "ja da gehöre ich hin"!


    Ist bei mir, ebenfalls natürlich rein persönlich, lustigerweise vollkommen anders. Wenn ich mal sämtliche Staatsgebilde anschaue, die wir in den vergangenen Jahrhunderten hier hatten, könnte ich mich mit keinem identifizieren. Ich sehe das eher nach regionaler Landsmannschaft, und die ist derzeit auf drei Bundesländer verteilt. Selbst mit Konfession und Dialektfamilie innerhalb des Deutschen (bei mir immerhin über vier heutige Nationalstaaten verteilt, davon in zwei allerdings nur minimal) kann ich mehr anfangen als mit dieser seltsamen Nation. Aber ich habe das als Historiker zugegebenermaßen auch etwas "verschrobene" Ansichten im Vergleich zu den meisten Mitmenschen.


    Mit der Schweiz und ihren gut 700 Jahren könnte ich mich vermutlich besser identifizieren, aber das mag nur das Positivbild aus der Fernsicht sein. Da hat es ja meinem, zugegebnermaßen sehr rudimentären, Wissen zufolge auch einige Reibereien gegeben.

  • Manchmal wird man auch verwurzelt. So wie ich von der ZVS, die mir einen der in Deutschland damals sehr raren Studienplätze in Informatik "zugewiesen" hatte. Und zwar ausgerechnet in Darmstadt. :Kopfschuetel:Wie kann man eine Stadt nur so nennen? :grosses Lachen: Frage ich mich heute noch. Nur mal so am Rande: Einer der Darmstädter Stadtteile heißt Wixhausen. Da ist man als junger Mann schon mal ein wenig verwirrt. Dazu diese Sprache, die der Hesse "Gebabbel" nennt.


    Aber irgendwann kommt man dann auch an und fühlt sich auch in der Fremde wohl, weil sie zur Heimat geworden ist. Die einzige Zeit wo wir es wirklich verfluchten war, als die Kinder noch in die Hosen machten. Da wäre ein wenig mehr familiäre Unterstützung echt gut gewesen. Vor allem für meine Frau, die zumeist alles allein regeln musste.


    Zum Rest: Die typische Familie gibt es mittlerweile wohl nicht mehr. Wie sah denn früher eine Familie aus? Mutter und Vater waren eher eine Zweckgemeinschaft zur Aufzucht der Kinder. Jede zwischenmenschliche Handlung fand im Rahmen eines sehr engen sozialen Korsetts statt. Immer war es wichtig, was der/die andere/n denken und man selbst handelte nach den (ungeschriebenen) Gesetzen des Dorfes. Damit nichts Falsches über einen gedacht wird. Trotzdem gab es jede Menge "Skandale", die aber, wenn möglich, unter den Teppich gekehrt und beharrlich verschwiegen wurden. Ich denke, dass das jeder mehr oder weniger kennt der auf dem Dorf groß geworden ist.


    Ich bin froh, dieser geistigen Enge entkommen zu sein.


    Jede Medaille hat nun mal ihre zwei Seiten.

    I feel a disturbance in the force...


  • Darmstadt heisst Darmstadt, weil es am Darmbach liegt... :winking_face: FYI :face_with_tongue:


    Trotzdem ein ...unschöner... Name. :grinning_face_with_smiling_eyes:
    Neben Wixhausen gibt es übrigens auch noch Großrohrheim und Kleinrohrheim. Aber ob die Bayern mit Petting, die Österreicher mit Fucking oder die Berliner mit Wedding besser bedient sind? :grosses Lachen:


    Was die Verwurzelung angeht: Home is where the heart is! Dam alten Latiner sagt auch das "ubi bene, ibi patria" noch was. Wo es mir also gut geht und ich mich geborgen fühle, da bin ich einfach "dahaam".
    Gerade als Exil-Frankfurter ist mir das Leben im doch seeehr ruhigen Hürth teilweise echt ein Graus.
    Da ich aber dort mit meiner Frau wohne, die einen meiner wesentlichen Fixpunkte bildet und eine meiner wichtigsten Personen ist, kann ich damit leben.
    Natürlich hängt mein Herz an der Heimat. Da wo ich groß geworden bin, jeden Stein und jede Ecke kenne, mit so vielen Plätzen Erinnerungen verbinde (ja, gute und schlechte), wo Freunde und Familie wohnen... das ist ein wesentlicher Teil meiner Persönlichkeit. Das zu verneinen, oder zu versuchen das zu verdrängen, würde bedeuten, dass ich einen Teil von mir, meiner Persönlichkeit, aufgebe. Und das würde ich weder wollen, noch irgendwie zulassen.


    Das ist für mich persönlich das Wichtigste: Sich da sein Heim zu schaffen, wo die Bedingungen passen, aber niemals vergessen, wo man herkommt! Egal, ob man von der Stadt aufs Land zieht, oder umgekehrt oder ganz anders.


    So long,
    Sam

  • Heutzutage kann ich mich von Kontinent zu Kontinent bewegen und die Hotels und Pizzerien, die Flughäfen, Banken und Filialen der großen Ketten sehen überall gleich aus und führen das gleiche Angebot.


    Ich kann mich global ins Internet einlinken. All dies bewirkt, dass Heimat und Fremde heute keine räumlichen Begriffe mehr sind. Der Internet-, Video- oder Telefonpartner in der Ferne kann uns weit näher stehen als unsere ganze Nachbarschaft. Vertrautheit und Entfernung hängen nicht mehr zusammen. Das ist doch das positve der Globalisierung.


    Ich lebe in Laos. Fühle ich mich nun entwurzelt? Aber überhaupt nicht. Ich geniesse es, auch beruflich bedingt, ein kosmopolitisches Leben zu führen.


    Den Begriff Entwurzelung sehe ich persönlich nur im Zusammenhang mit Flucht und Vertreibung, so wie's die Flüchtlinge jetzt erleben.


    Das mit den Flaggen kenn ich sonst nur von den Amis. Dort hägen auch überall die Stars and Stripes. In Europa sinds eigentlich nur die Schweizer die ihre Flagge stolz aufs Futtersilo hängen.


    Ist abere auch nur meine ganz persönliche Meinung.


    Liebe Grüsse
    Vansana



    P.S. übrigens ist das Schweizerkreuz ein Geschenk der Österreicher an die Eidgenossen als Belohnung, daß die die Burgunder erfolgreich hergeschlagen haben. (Siehe König Rudolf von Habsburg)

  • Zitat von Vansana;243977

    In Europa sinds eigentlich nur die Schweizer die ihre Flagge stolz aufs Futtersilo hängen.


    Ach,die Skandinavier,vor allem die Dänen sind da auch völlig im Trend,da hängen die Fähnchen auch an jedem 2. Haus :winking_face:

    Aus dem Norden von DE bzw. dem Süden von ES gesendet

  • Zitat von Opa;243931

    2. Wenn ich mit Kollegen oder Freunden rede, dann hängt die Wohnungswahl am stärksten von der Jobwahl ab. Auf die Idee den Arbeitsplatz möglichst nahe bei der Oma zu suchen, kommen nur wenige.


    Gerne suche ich einen Job in meiner Umgebung. Leider ist das in der heutigen Zeit nicht mehr ganz so einfach. Viele pendeln täglich 1-2 Stunden pro Weg zur Arbeit und zurück. Da ziehe ich lieber in die Nähe meines Arbeitsplatzes, und fahre bei Gelegenheit die 1-2 Stunden zu den Freunden. Zur Arbeit muss ich (fast) immer fahren. Zu den Freunden nicht zwingend. Wenn ich hundemüde bin oder kopfschmerzen habe, dann gehe ich nicht zu den Freunden. Auch nicht wenn sie in der gleichen Stadt wohnen. Auch sehe ich es als Risiko, täglich zur Arbeit fahren zu müssen. Zumindest dann, wenn man zwingend mit dem Auto fahren muss. Wenn man total übermüdet ist oder man kurz davor ist sich übergeben zu müssen, kann man sich nicht mehr so gut auf den Verkehr konzentrieren wie man eignetlich sollte. Da wird man ein Risiko für sich selber und die anderen.


    Zitat

    3. Die typische Familie ist mobil. Wenn man weiterziehen muss, dann tut man es halt. Ein Kind oder gar keins, kaum feste Bindungen...


    Das hat ebenfalls damit zu tun, dass man teilweise kaum eine andere Wahl hat. Bei gewissen Berufen ist das auch völlig normal. Warum ist bspw. bei bekannten Schauspielern, die Freundin nicht selten auch eine Schauspielerin? Wer sonst hält es für längere Zeit aus, wenn der Ehemann oder die Ehefrau permanent in der halben Welt umher fliegt, um paar Filmszenen zu drehen?


    Zitat

    4. Grundbesitz konzentriert sich auf immer weniger Betriebe, immer mehr Bauern geben ihren Hof auf.


    Das wiederum hat eher wirtschaftliche Gründe. Für viele stimmt einfach das Verhältnis von Arbeit, Lohn und Freizeit nicht mehr.


    Zitat

    5. Wie viele Familien kennt ihr, bei denen drei Generationen (oder mehr) in einem Haus wohnen? Ich kenne genau zwei Stück...


    Da kommt mir momentan gerade keine Familie in den Sinn.



    Zitat von Asdrubal;243957

    Ja, nehme ich ähnlich wahr. Das sieht man unter anderem auch an dem schwindenden Interesse, sich in Vereinsstrukturen, Lokalpolitik und Nachbarschaften aktiv einzubringen oder beispielsweise auch die Lokalzeitung zu lesen. Das ist für mich die Kehrseite der grundsätzlich positiven größeren gesellschaftlichen Mobilität. Man ist eben nicht mehr verdammt dazu, den Beruf der Eltern weiterzuführen, auch wenn man den nicht mag und das Auskommen kärglich ist, oder zeitlebens die gleiche Dorfgemeinschaft zu ertragen, obwohl man die Leute nicht leiden kann. Denn so gut war die "alte Zeit" nie.


    Da kann ich teilweise zustimmen. Ich selber bin noch in einem Verein, und habe auch nicht grade das Gefühl, dass sich das wirklich so ins Negative verändert hat. Zumindest die Dorfjugend kennt das glaube ich schon noch gut. Und auch wenn es keinen Verein ist, so sind viele in einem Fussballclub, Kampfsport-Club oder etwas anderem dass vereinsähnliche Strukturen hat. Und wenn es nur das abendliche Fitnessstudio oder Stammlokal ist.
    Gleichzeitig ist es aber auch wiederum der Job und Wohnort der entscheidet, wie aktiv man da überhaupt noch teilnehmen kann. Das merke ich auch in "meinem" Verein. Wo vor paar Jahren die Mitglieder noch praktisch alle aus der nahen Umgebung waren, sind sie heute - Jahre später - in der halben Ostschweiz verstreut. Entsprechend wenig sieht man sich.


    Mich persönlich interessieren die lokalen Nachrichten eigentlich schon recht stark. Zumindest bei den Ortschaften, zu denen ich selber einen Bezug dazu habe.


    Zum Dorfleben muss ich dir (leider) zustimmen. Viele träumen von einem Leben in einem kleinen Dorf wo man sich gegenseitig kennt. Ich erlebte da leider auch schon beide Seiten. Das "sich gegenseitig kennen" kann schnell von einem Traum zu einem Albtraum werden. Schneller als einem lieb ist. Ich persönlich ziehe da auch eher die urbanere Gegend vor. Ich mag es nicht, wenn ich für jede Kleinigkeit mit dem Auto zuerst 20 min in die nächst grössere Ortschaft fahren muss, weil es der einzige Tante-Emma-Laden im Dorf einmal mehr nicht hat.
    Nicht dass ich etwas gegen Tante-Emma-Läden hätte. Im Gegenteil. Ich unterstütze gerne die kleinen lokalen Läden. Aber ich will nicht darauf angewiesen sein. Auch nicht auf ein Auto.
    Und auch in einer Stadt, ja sogar Grossstadt gibt es lokale Quartiervereine, kleine Strassenfeste etc. Auch dort können sich Nachbarn aushelfen. Je nach Wohnlage können sogar dort noch Kinder auf der Strasse spielen.



    Zitat von lord_helmchen;243966

    Manchmal wird man auch verwurzelt.


    Aber irgendwann kommt man dann auch an und fühlt sich auch in der Fremde wohl, weil sie zur Heimat geworden ist.


    Das kenne ich auch, wenn auch nicht so stark.


    Zitat

    Zum Rest: Die typische Familie gibt es mittlerweile wohl nicht mehr. Wie sah denn früher eine Familie aus? Mutter und Vater waren eher eine Zweckgemeinschaft zur Aufzucht der Kinder.


    Heute werden teilweise ja sogar wieder bewusst "Zweckbeziehungen" gegründet. Also eine Beziehung ohne das man ineinander verliebt ist. Man gründet eine Co-Elternschaft. Man verspricht sich so eine bessere Familie für Kinder usw. Wer sich nicht liebt, der kann auch nicht gross enttäuscht werden. So etwa die Logik.


    Leider habe ich grad auf die schnelle keine bessere Quelle dazu gefunden: http://www.20min.ch/schweiz/news/story/10985802


    Zitat

    Jede zwischenmenschliche Handlung fand im Rahmen eines sehr engen sozialen Korsetts statt. Immer war es wichtig, was der/die andere/n denken und man selbst handelte nach den (ungeschriebenen) Gesetzen des Dorfes. Damit nichts Falsches über einen gedacht wird. Trotzdem gab es jede Menge "Skandale", die aber, wenn möglich, unter den Teppich gekehrt und beharrlich verschwiegen wurden. Ich denke, dass das jeder mehr oder weniger kennt der auf dem Dorf groß geworden ist.


    Ich bin froh, dieser geistigen Enge entkommen zu sein.


    Jede Medaille hat nun mal ihre zwei Seiten.


    Wie schon oben beschrieben. Für mich ist ein Dorfleben auch fast mehr Albtraum als Traum. Mich zieht es auch eher in städtische Zonen. Auch wenn es nicht grad eine Grossstadt sein muss.


    Zitat von Sam de Illian;243973

    Aber ob die Bayern mit Petting, die Österreicher mit Fucking oder die Berliner mit Wedding besser bedient sind? :grosses Lachen:


    Da gibt es so einen schönen Spruch dazu. (Ob ich den hier reinschreiben soll?) Naja ich schreibe mal den Anfang des Spruches: "Der Weg über Kissing,...". Vier erotische Ortschaften. Alle in Süddeutschland oder Österreich. :winking_face:
    Das Ortsschild von Fucking wird wohl neben dem von Wacken eins der am meisten geklauten Schildern sein im deutschsprachigen Raum. Und das "Fucking Hell" kann man auch trinken. :drinks:


    Zitat

    Wo es mir also gut geht und ich mich geborgen fühle, da bin ich einfach "dahaam".


    Das sehe ich auch so. Ich fühle mich da wohl, wo ich Freunde habe und das Angebot stimmt. (Läden, ÖV, Landschaft etc.)
    Das muss gar nicht gross an eine Region gebunden sein. Das kann für mich theoretisch überall sein.


    Zitat

    Das ist für mich persönlich das Wichtigste: Sich da sein Heim zu schaffen, wo die Bedingungen passen, aber niemals vergessen, wo man herkommt! Egal, ob man von der Stadt aufs Land zieht, oder umgekehrt oder ganz anders.


    Da kann ich nur zustimmen.


    Zitat von Vansana;243977

    Heutzutage kann ich mich von Kontinent zu Kontinent bewegen und die Hotels und Pizzerien, die Flughäfen, Banken und Filialen der großen Ketten sehen überall gleich aus und führen das gleiche Angebot.


    Das kann ein Vorteil sein, aber auch ein Nachteil. Zum reisen gehört für mich auch das örtliche Angebot kennen zu lernen. Da vermeide ich eignetlich eher so Weltketten wie McDonalds usw. Ausser die Ortschaft hat wirklich nichts schlaues zu bieten.


    Zitat

    Ich kann mich global ins Internet einlinken. All dies bewirkt, dass Heimat und Fremde heute keine räumlichen Begriffe mehr sind. Der Internet-, Video- oder Telefonpartner in der Ferne kann uns weit näher stehen als unsere ganze Nachbarschaft. Vertrautheit und Entfernung hängen nicht mehr zusammen. Das ist doch das positve der Globalisierung.


    Auch da eher ein Jain. Dank der heutigen Technik kann man mit allen Leuten weltweit in Kontakt bleiben. Auch ich nutze das. Aber gute, lokale Freundschaften ersetzen sie nie.


    Zitat

    Das mit den Flaggen kenn ich sonst nur von den Amis. Dort hägen auch überall die Stars and Stripes. In Europa sinds eigentlich nur die Schweizer die ihre Flagge stolz aufs Futtersilo hängen.


    Du musst mal nach Kanada. Soviel Nationalstolz kenne ich nicht mal in der Schweiz. Es gibt kaum etwas, wo das Ahornblatt nicht drauf ist.

  • Ich bin froh, nicht mehr in meinem Heimatort leben zu müssen. Ist mir einfach viel zu klein in jeder Hinsicht. Zum Glück hat man heute die Wahl.
    Da das durchschnittliche Leben in einem Ballungsraum weniger Ressourcen braucht und einen geringeren ökologischen Fußabdruck hat als das auf dem Land ist die Verstädterung bzgl. Nachhaltigkeit eher positiv zu sehen.
    mfg

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Hallo,
    also ich bin sehr froh, daß ich nicht mit meinen Eltern und Großeltern unter einem Dach hausen muß...
    Und ich werde froh sein, wenn mein Sohn einmal beschließt selbst irgendwo, ein Haus/eine Wohnung zu bauen/kaufen und eine eigene Familie zu gründen.
    Allerdings wünsche ich mir, daß er dann immer gerne nach Hause zurück kommt.


    Das mit 3 Generationen unter einem Dach ist mMn nicht sehr erstrebenswert, tut mir leid.


    Gruß
    Gerald

  • Als entwurzelt würde ich die Gesellschaft nicht bezeichnen, durch meinen Beruf bedingt sehe ich sehr viele Menschen, wenn ich so die letzten 11 Jahre Revue passieren lasse, mindestens 90% sind noch in der Gegend, haben einen festen Arbeitsplatz, sind in Vereinen aktiv, haben Kinder, haben also eine Basis.
    Die meisten Menschen haben so eine Basis, auf die mal mehr und weniger zurückgegriffen wird, schön finde ich es heutzutage, daß man die Basis verändern kann, man muß nicht mehr an einem Ort geboren werden, leben und sterben.


    Also das mit der Zweckehe nur zur Aufzucht von Kindern, klingt sehr unromantisch, sehe also sehr selten und wird aufgrund von Gefühlen nie die Regel werden, dafür ist der Mensch ein zu emotionales Wesen.


    Jonn


    PS:
    Was ich eher als problematisch sehe, daß Errungenschaften von Eltern, Grosseltern einfach so veräussert werden, daß man Werte die in der Familie erwirtschaftet werden so einfach für schnellen Konsum zu Geld gemacht werden z.B. Obstwiesen kann man teilweise sehr billig kaufen, weil man Geld für ein neues Handy benötigt. Meine Grossmutter hat immer gesagt, schaue dir an, wie die reichen Leute leben: von den Reichen kannst du das Sparen lernen und sie behalten ihren Besitz in ihrer Familie > so kann man Besitztümer aufbauen.

  • Guten Morgen,


    kann mich noch gut erinnern, in dem Ort, in dem wir lebten, bis ich in die vierte Klasse ging, wohnten meine Eltern, Oma und mein Bruder und ich zusammen.


    War ne schöne Zeit, mein Vater hat Hasen gefüttert, die Äpfel aus dem Garten zusammen gesammelt und Oma hat es verarbeitet.
    Wir lebten da in einem sehr großen Arzthaus, ein gutes zusammenleben........


    Bis mein Vater den Alkkonsum erhöhte, mein Bruder (fast neun Jahre älter) sich nem MC anschloss, und mir meine Oma mit neun Jahren das Hasen schlachten beibrachte.........
    Das war meine erste Lektion, wie man eine Familie zerfallen lassen kann.


    Das war alles in den 80ern und 90er Jahren, heute rede ich weder mit meinem Bruder noch mit meiner Mutter, falls die noch lebt, Oma starb 95 und das wars.......


    Ich trauer dieser Zeit schon nach und denke auch oft daran und muß Opa in vielen Punkten recht geben!



    Für mich wäre es völlig normal, die ganze Familie unter einem Dach zu haben.
    Grüsse, role

  • Hallo zusammen,


    so schlimm wie von Opa geschrieben sehe ich es eigentlich nicht; unabhängig davon, dass ich in meinen Geburtsort, und sogar wieder in meinem Elternhaus wohne (meine Frau kommt auch nur aus 10 km Entfernung) und wir mit unseren Kindern und meine Eltern in einem Haus leben (also die angesprochenen drei Generationen, allerdings in zwei getrennten Haushalten - und das klappt ganz gut) so leben auch viele Freunde und Bekannte aus Kindertagen entweder (wieder) im Ort oder zumindest in der näheren Umgebung (< 20 km). Vielleicht hängt das aber auch mit der Lage des Ortes am Rand einer Großstadt bzw. eines Ballungsraumes zusammen, da gibt es für die meisten Berufe doch auch Bedarf in der näheren Umgebung, und auf Grund der Größe des eigentlichen Ortes (ca. 5000) kennt man zwar noch viele, aber ist nicht so "unter Beobachtung" wie in einem kleinen Dorf am AdW.
    Wenn ich mir auf einem Klassentreffen meines Abijahrgangs (88) so ansehe wo alle wohnen, so lebt gut die Hälfte entweder immernoch oder wieder in diesem Ballungsraum. Aber natürlich sieht man die Tendenz zu zunehmender Mobilität, v.a. wenn man dann noch ein paar Jahrgänge jünger schaut.


    Ob diese Entwicklung nun nur positiv oder nur negativ zu sehen ist, lässt sich nicht sagen, es hat alles zwei (oder eher viele) Seiten, postitv ist auf alle Fälle, dass man heute wesentlich mehr Möglichkeiten hat als früher - so kann es jeder so machen wie es für Ihn am besten passt, von dem lebenslang im selben Haus bis zum globalen Nomadenleben.


    Ich persönlich fühle mich jedoch sehr verwurzelt, und kann mir eigentlich nicht vorstellen freiwillig irgendwo anders hinzugehen.
    Mein beruflicher Ehrgeiz hält sich auch in Grenzen, für mich gibt es da wichtigere Dinge im Leben als Karriere machen und viel Geld verdienen, dafür aber z.B. keine Zeit mehr für die Familie zu haben, oder eben wegen dem Job sonstwohin ziehen zu müssen, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden, wem es wichtig ist sei es unbenommen, da bin ich auch nicht neidisch auf den dicken BMW oder zwei Fernreisen im Jahr.


    Gruß,
    Paddy

  • Hallo,


    unser Gesellschaftssystem bringt es mit sich, dass wir mobiler und globaler sind, als noch die Generationen vor uns. Fast jeder unter 40 spricht heute mindestens eine Fremdsprache (bzw. hat zumindest Grundkenntnisse darin), hat schon Flugreisen ins Ausland unternommen und pflegt Kontakte mit Menschen, die weit weg vom eigenen Wohnort sind.
    Schaut man sich dagegen die Generation der >60jährigen an, sieht das noch ganz anders aus: kaum Fremdsprachenkenntnisse, kaum internationale Kontakte, wenig Reise-Erfahrung. So zumindest mein Eindruck.


    Wenn ich meine Generation ansehe (Jg. 1969), dann waren wir Kinder der 1970er Jahre noch froh, wenn wir endlich aus der Enge des Heimatortes rauskamen, nicht mehr in alten Häusern wohnen mussten und unbeobachtet von religiös-altmodischen Nachbarn tun und lassen konnten was wir wollten. Man verliess den Heimatort, studierte ggf. und fand dann auch eher auswärts Arbeit, Liebe usw. Ich kenne aber viele aus meiner Generation - mich eingeschlossen, die das mobile ungebundene Leben eine zeitlang genossen haben, um dann doch wieder irgendwo Wurzeln zu schlagen und sich einen ggf. neuen Heimathafen aufzubauen. Spätestens wenn man selber Kinder hat, will man diesen ein stabiles Umfeld bieten und nicht alle paar Jahre z.B. beruflich bedingt die Kinder aus ihrem Freundeskreis und Umfeld reissen und umziehen müssen. D.h. das Wurzeln schlagen kommt meiner Meinung nach von ganz alleine wieder. Gerade als junge Familie, die versucht Berufstätigkeit der Eltern und Kinder halbwegs harmonisch unter einen Hut zu bekommen, lernt man dann auch die Verfügbarkeit von Grosseltern zu schätzen und auch denen tut es gut, gebraucht zu werden.


    Wir haben uns nicht an einem unserer ursprünglichen Heimatorte neu verwurzelt, sondern uns einen neuen anderen Ort ausgesucht, der uns gefällt, der eine Perspektive für die berufliche Zukunft aller in der Familie bietet und dennoch das "Leben im Grünen" ermöglicht. Dass eine Grosselternseite mittlerweile wieder in unserer Nähe (20km) wohnt, war dabei nichtmal ein Entscheidungskriterium, es ergab sich halt mal so. Man muss es natürlich auch wollen und ein Leben auf dem Land bzw. in einem Dorf setzt voraus, dass man sich in die Dorfgemeinschaft einbringt, engagiert, sichtbar ist - das liegt sicher nicht jedem. Bei uns hat das "Ankommen" auch ein paar Jahre gedauert, aber jetzt sind wir mittendrin und mittlerweile geht in unserer 3-Dörfer-Gemeinde ohne uns fast nichts mehr (was aber so nicht geplant war, hat sich halt ergeben...). Aber es ist ein gutes Gefühl zu sehen, dass eine (Dorf-)Gemeinschaft durch den Zusammenhalt vieles erreichen kann, um seinen Lebensraum positiv zu beeinflussen. Nichtsdestotrotz haben wir uns unsere Mobilität bewahrt, reisen gerne und pflegen Kontakte in die Welt.


    Deshalb würde ich behaupten, dass die Gesellschaft heute nicht völlig entwurzelt ist, aber sie ist deutlich mobiler, als frühere Generationen - und irgendwann schlagen die meisten wieder Wurzeln aus.


    Grüsse


    Tom

  • Gutes Thema, es spricht etwas an, worüber ich die letzten Monate, zum Teil auch Jahre immer, wieder sporadisch nachgedacht habe.


    Ich selber lebe noch immer in der Gegend, in welcher ich aufgewachsen und zur Schule gegangen bin, meine Ausbildung gemacht habe und auch geschieden wurde. Meine Familie ist ziemlich verstreut, Kontakt gibt's trotz moderner Kommunikationstechnologie eher selten. Das ist für mich völlig normal, weil ich es nicht anders kenne.


    Die Frage, ob diese Gegend meine Heimat ist kann ich nur mit einem Jein beantworten. Klar, ich lebe und arbeite hier, habe mein Zuhause hier und auch den grössten Teil meines sozialen Umfeldes. dies würde für ein Ja sprechen. Andererseits sind es eigentlich nur meine Freunde und mein Job, welche mich hier halten, möglicherweise auch der fehlende Mut, irgendwo anders nochmals von vorne beginnen zu müssen oder wollen. Es ist auch irgendwie eine Art der Hassliebe. Ich bin hier zu Hause, aber ich empfinde es nicht wirklich als meine Heimat, die habe ich noch nicht wirklich gefunden. Die Schweiz hingegen ist meine Heimat, auch wenn manches anders läuft als ich es für gut empfinde. Aber die Suche nach einem Ort den ich Heimat nennen kann und will ist bei mir nicht abgeschlossen, sie wird allerdings auch nicht weiter gehen, solange es noch diese zwei, drei Dinge hier gibt, woran mir was liegt.


    Wanderungen aufgrund des Arbeitsplatzes, bzw. der fehlenden Beschäftigung gab es schon immer und wird es auch immer wieder geben. Mehrgenerationenhäuser denke ich werden vorübergehend abnehmen, da meiner Meinung nach der Egoismus zugenommen hat, das beginnt bei einigen Familien schon damit dass die Eltern ihre Kinder möglichst schnell in der Kinderspielgruppe abgeben und auch mal gerne mit irgendwelcher Unterhaltungselektronik abgespiesen werden weil's weniger Arbeit macht. Gut, der immer grössere Leistungs- und Konsumdruck trägt auch einen grossen Teil dazu bei.
    Aber ich denke die heutigen "Schlüsselkinder" könnten diesen Trend wieder umkehren. Genau dieser Mangel an familiärem Zusammenhalt, gemeinsamen Unternehmungen und die übermässige Gier nach Materiellem wird möglicherweise der Auslöser für eine andere Marschrichtung der heutigen Jugend sein. Zudem stelle ich bei vielen Gesprächen mit Personen, welche in meinem Alter sind - und auch älter - fest, dass für genau diese Leute vermehrt wieder das Glück nicht im Konsum liegt, sondern geistiger und sozialer Natur ist. Und ganz ehrlich - dies gibt mir Hoffnung.